Der Kinematograph (June 1909)

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No 130. Der Kinematograph — Düsseidort. mit Iwreits in Japan selbst gebauten) der europäischen Industrie stark entgegenarlH*itet. Soweit der kaufmännische .Teil des Bjehe». IK»h auch auf anderen Gebieten finden wir dort manche inter¬ essante Zeile. Im verflossenen Jahre brachte unsere Zeitschrift einen Artikel, welcher den Kincmatographcn zur Aus¬ füllung von Zwischenakten im Theater vorschlagt. Der russische Autor hat den (b-danken aufgt nominell um! für einige russische Theaterstücke ausgearlwitct. Da finden wir z. B. ganze ..Zwischenakt - Programme " zum Revisor von Gogol, zu Volksstücken von Ostrowski zum ..Boris Godunow“ von Puschkin usw Der Verfasser, welcher u a auch als Regisseur mitwirkt, verspricht, in de” bevorstehen¬ den Theateraaison einen entsprechenden Versuch im Mos- kauer Theater Korsch zu machen. Auch in anderen Richtung--n erwartet er von dem Kim- matographen grossen Krfolg hinter den Kulissen, da die betr. Ausführungen jedoch ausschliesslich für das russische Repertoire berechnet sind, sehen wir davon ab. auf dieselben hier näher einzugehen. Um den Lesern einen allgemeinen Begriff von dem interessanten Büchlein zu gel>en, wollen wir hier einige Zitate anführen, welche wohl nicht nur für Russland und sogar nicht nur für Fachleute Interesse bieten dürften Der Verfasser entwirft u. a ein Bild der ..Zukunft“ des Kinematographen. worin er freilich so manches dem englischen Träumer H. Wells altgelauscht halten mag „Das sprechende Buch“ nennt erden Kine¬ matographen der Zukunft. Doch lassen wir ihn selbst sprechen: „Der Kinematograph der Zukunft dürfte wohl folgende Gestalt annehmen: in der Wand des Wohn¬ zimmers ist eine .Milchgiasecheibe befestigt. Daneben befindet sich ein kleiner, kaum aus der Wand hervor¬ ragender Schalltrichter und ein längliches Kistchen aus fein poliertem Holz. Unsere schweren, grossen Bücher¬ schränke und -Gestelle sind längst verschwunden Ihre Aufgab«* erfüllen zierliche, leichte Wandregale, auf welchen kleine Zylinder aus Aluminiumblech li«*gen. Das ist die „Bibliothek“. Tausende von Bänden nehmen kaum soviel Platz ein. wieviel jetzt ein paar dicke Klassiker- serien beanspruchen Unsere Urenkel werden keine Bücher lesen. sie werden sie hören und zugleich sehen. Sie weilen es nicht nötig haben, ihre Phantasie anzustrengen, um sich die vom Dichter entworfenen Bilder vorzustellen, weil diese Bilder ihnen direkt vorgeführt werden, und zwar ganz wahrheitsgetreu, weil die Verfasser der Zukunft die Aufnahmen ihrer selbst leiten werden, wie jetzt die Verfasser die Korrektur ihrer Werke lesen.“ Der Verfasser des „Kinematograph“ entwirft mehrere, aus der russischen Literatur gegriffene Bilder und geht dann zum wunden Punkt der Kinematographie über, zum Her¬ stellungspreis der Films: „Der Leser wird vielleicht bemerken, dass die Inszenierung und Aufnahme von ganzen Werken die Kosten solcher Films ins Ungeheure treiben muss. Darauf könnte man erwidern, dass 1. mit dei Zeit die Herstellungskosten der Films sich vermindern werden und 2. der Verkaufspreis der Films mit der Anzahl der Abnehmer fällt. Dasselbe beobachten wir schon jetzt an unseren Büchern. Wenn wir ein mehrere hundert Seiten starkes Werk in 10 Exemplaren zum Druck bringen, so werden die Herstellungskosten, inkl. Honorar etc., mehrere hundert Ruttel pro Exemplar betragen Wenn wir jedoch dasselbe Werk in 1 (MN) (NM) Exemplaren verbreiten, so können wir das Buch zum Selbstkosten¬ preis 4- 1 Kopeken pro Stück verkaufen und dennoch 10 000 Rubel daran verdienen. Dasselbe gilt auch von dem „Buch der Zukunft“, vom kineinatographischen Film. Denn diese Zukunft winl dann eintrvten, wenn sich die Träume des Dichters (Nekrassow) verwirklichen und der russische Bauer „Gogol und Bjelinsky Vom Markt nach Hause trägt.“ Daiui werd«*n die Leser in Russland Dutzende von Millionen zählen und dann werden Auslagen, welche jetzt den Filmsveriogern vielleicht märchenhaft erscheinen sich spielend rentieren.“ Si non e vero, e ben trovato. Seine gn»ss**n Erwartungen liegründet der Verfasser u. a. damit, dass bereits jetzt bedeutende Schriftsteller (z. B. Kdmond Ros tan) für den Kincmatographcn zu arbeiten beginnen und dass auch in Deutschland la*kannte Schriftsteller für den Kinematograph tätig sind. Er macht auch gleich den Vorschlag, einige Volksnovellen von Leo Tolstoi. Novellen von Gogol. Miniaturen von Tschechow etc., für den Kinematographen zu inszenieren und den Text „zur Begleitung" den Phonographen sprechen zu lassen oder auf d«*m Programm abzudrucken. Vielleicht dringt di*-sc i«l«*e auch durch Der Vt*rfass**r scheint sich auch für Kuriositäten im Kinematograph zu interessieren und entwirft einig«- Bihler tli«*s«*s Genres, die auf dem „Rückwärtsgehen“ und Z«*r schneiden der Films gegründet sind. Da finden wir z. B ein solches Bild: „Ein Mann zündet ein Häufchen Asche an Vom heiteren Himm<‘l strömen «lein Haufen Rauchwtilkcheii zu. Der Haufen schwillt an. «*s entstehen Kohlenstü« k« Bald züngt*ln Flammen auf. der Rau«-h wird stärker doch bewegt er sich vom Himtu *1 zu d«*r Brandstelle Aus d«*n verkohlten Rest«*n tret«*n Stücke von unver branntein Holz herv«»r Es erscheinen ganze Brett**r sie nehmen die Formen ein-s Häusleins an. Schon sind zwei Fenster zu unterscheiden. Giebel und Gesims«- schmücken sich mit Schnitzerei. In «l«*n Fensterrahm«-i ersclH'inen Glasscheiben. Steine fliegen heraus. «li<- S«-heiben stehen unversehrt tla. Ein Fenster ist g«*öffn«t Rückwärts fliegt ein Mops herein und stützt sich aut die Fensterbank. Schluss " V«>n solchen Einfällen, «lie «ler Verfasser gleich technis« i erklärt und Ix-gründet. ist das Buch dun-hwirkt. Vieh- Seiten sind dt-r Bedeutung dt*s Kinematographen für «I« " Unterricht gewidmet. Hier find«*n wir auch s«> manch«- wieder, was zu verschietlener Zeit in unserer Zeitschrift mitgctcilt wurde. Besonders sch«*int «len Verfasser d«-r Kim-matograph auf d«*tn Gebiete d«*s Religions-Unterricht«-** zu inter ess ie ren . Vielleicht trugen dazu «lie B«*schränkungen b«*i. «li« jed«*r Russe st-itens der wenig toleranten Geistlichkeit und B«*h«irdc «*rfährt. Mit Eifer verteidigt er Films, «li« das Alte und Neue Testament illustrieren und bemüht sich zu beweisen, dass solche Films, in entsprechen«!«-'' Ausführung und Umgebung, kein Unheil stiften können Ein Bemühen, das «li«* russischen Verhältnisse in einem sonderbaren Licht erscheinen lässt Auf Seit«* 57 finden wir einige B**tra«-htung«*n iils-r «lie Rolle, «li«* «l«*r Kinematograph ls*i den russisch«-!! Ar beitem spielen sollt«* und, nach der Aussage d«*s Verfassers bereits zu spielen beginnt: „U nse re Fabrikanten sin«! immer gern ber«-it. Vor¬ lesungen für ihre Arbt-it«*r zu veranstalten. j«*do«b welchen Nutzen bringen di«*se „Vorlesungen"' " - 1 ' hat «*in Arlx*iter davon, dass ihm eine Stunde lang )!•' prtxiigt winl. «lass Demut. Fl«*iss untl Sittlichkeit die Zierden des Menschen sind 7 Nach dieser Predigt w ir»l irgend eine Novelle oder ein Gedicht vorgelesen «ob« auf einem Wandschirm einige grob bemalte „Illustra¬ tionen“ projeziert werden.