Der Kinematograph (June 1909)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

Oer Kinematograph — Düsseldorf. No. 130 Die „Bildungs-Vorlesungen" sind noch schlechter gestellt. Der Leser möchte sieh in die Lage eines Menschen hineindenken. der IO—II Stunden schwer gearlieitet hat und von dem nun verlangt wird, dass er in die Tiefen der Geometrie herabsteigen, oder sich au den Höhender Astronomie erheben soll! Dabei muss er n«»ch ver¬ schiedene „Leitfäden" lesen, weil der Vortrag allein dem Vorträger selbst nicht genügt." Der Verfasser schildert das Auditorium einer grossen Moskauer Fabrik, wo seit kurzem der Kinematograph l>ei den Vorlesungen die Hauptrolle spielt Mit Spannung folgen die Arbeiter, ihre Frauen und Kinder dem Programm, atemlos lauschen sie den erklärenden Vorträgen, herzliches latchen erschallt, wenn zum Schluss ein paar «lrastisth- komisehe Bilder vorgeführt werden und nur die verworfen¬ sten Trunkenbolde bringen es iilier sich ihre Wodka während der Vorlesung vorzuziehen. „Selbstverständlich“, schliesst der Verfasser, .kann und wird der Kinematograph itn Lehen des unverdorbenen russischen Arbeiters und Kauers nur dann eine ernste, wohltuende Holle spielen, wenn er von ernsten, gut ge¬ bildeten Menschen gehandhabt wird, wenn die Wahl der Bilder mit Liebe und Verstand geschieht, wenn alles fern gehalten wird, was den Kinematographen ent¬ würdigt. zum Spielzeug des Strassenpöbcls macht." Der Vetfuncr ist überzeugt, dass entsprechende Leiter sich finden werden und dass dem Kinematographen in Kussland eine besonders glänzende Zukunft bev« rxteht. Unser Artikel würde sich zu sehr in die Länge ziehen, wenn wir noch näher auf das interessante Büchlein ein- gehen wollten, wir schliessen «leshalb mit dem Wunsche, das» der Optimismus des Verfassers recht halt! durch Tatsachen bekräftigt werden möge. nn. Rundgänge durdi Hamburgs Kinematographentheater. A) Das Itellealliaiiee-Tlieater. Hart an der Grenze Hamburgs und Altonas, an der Kreuzung von 4 Strassenziigen. aus einem ehemaligen Ballokal. Itestehend aus 2 gnissen Tanzsälen, entstand v«»r einigen Tagen das Bellealliance-Theater. Die -leiden geräumigen Tanzsäle liegen derartig, «lass man von allen •Viten gut die Projektionsleinwand sehen kann. Dies Theater, eines der grössten Hamburgs, fasst etwa 1 < nhi Personen und ist häufig abends, Sonntags reg«-1massig, so I»-setzt, «lass ein grosser Teil des Publikums noch stehend «len Vorführungen der Lichtbilder zus«-hen inuss. Welch’ en«»rtne Kinnahme dadurch erzielt wird, •i'gt klar auf «ler Hand, zumal die Billette, die nach dem ablaufenden Alphabet ihre Gültigkeit verlieren, alle 2 Stunden mit wechselnden Buchstaben versehen werden. In <l«-r Hauptsaison Oktober bis April ist zuweilen s«igar in den Nachmittagsstumlen eine Ueberfüllung zu verzeichnen. Die Bedeutung dieses Theaters ist genügend «iadun-h ^•kennzeichnet, dass die Haltestelle der elektrischen Strassenhahnen „ H a m b u r g e r s t r a s s e" nur nts-h **1* „Bellealliance-Theater" von den Schaffnern ausgedrückt wird. Ein«* Reklame billig und gut un«l wie *'e besser nicht gedacht werden kann: denn da«lur«-li. «lass s verschiedene Strassenbahnliniett «lort halten, wird das nach Eimsbüttel um! nach St. Pauli fahrende Publikum stets und ständig auf die Existenz dieses Theaters auf- l J M *rksam gemacht. Es ist daher nicht zu verwundern, dass eine gewaltige Menschenmenge alltäglich «i«»rt ein- und ausströmt. In Anbetracht der guten Einnahmen und dank der umseitigen Leitung der Geschäftsführung hat man dort (ielegenheit Films neuesten tJenres zu sehen. Es ist wohl seio*t verständlich, dass «lie Filmserien tagtäglich wechseln uml neue Sachen gezeigt w er d en . Das verwöhnte Hamburger Publikum würde es gar übel vermerken, wenn allzuoft ein un«l derselbe Film uuf der Leinwand läge. Ein regel¬ rechter Handel mit Schokolade. Bonbons. Bier. Uinonade etc. et«-., durch Kellner um! Frauen angel»*ten. versorgt das Publikum mit Erfrischungen. Ein«- Musikkapelle von 17 Mann sorgt recht hübsch für den musikalischen Teil. W ährend der Dauer der V«»rstellungen von nachmittag* 4 bis alicnds II l'hr (Sonntags bis 12 Uhr, treten 4 Pausen von etwa 10—15 Minuten ein. In <lic*en Pausen hat man Gelegenheit recht hübsche, wirksame Reklamelichtbilder zu sehen. Das Bellealliam-e-Theater ist unl»-st ritten eins der rentabelsten Unternehmen in der Reihe «ler Kinemato¬ graphentheater und lohnt sich ein B«*such auch fiir Besitzer kleiner Theater lebender Bihler. s«-hon d«*shalb. um ein brillant geleitetes und angelegtes Unternehmen kennen z«. lemen W B. Muss ein Kinematographenbesitzer seine Firma in das Handelsregister eintragen? Vor einiger Zeit berichtete t wir in dieser Zeitschrift über einen Rechtsstreit, der sich in Kref«-ld zwischen der Handelskammer und dem Besitzer des KrefeUk-r Theaters Herrn S. Cohn entsponnen hat. Wie erinnerlich, erhielt Herr dessen Kinematographentheater bekanntlich als «las ält«-ste und vornehmste am d«»rtigen Platze die grösste Bestn-hcrzahl aufzuweisen hat. auf Veranlassung der Han¬ delskammer eine Aufforderung vom König!. Amtsgericht, sich innerhalb einer Frist von 14 Tagen bei Vermeidung einer Geldstrafe in «las Handelsregister eintragen zu lassen Da H.-rr U. diese Anmeldung ublehnte. kam es zu einer Klage, «lie am 1«. März 1909 von dem Künigl. Amtsgericht in dem Sinne entschieden wurde, „dass das Unternehmen unter allen Umständen als eintragungspflichtig zu enw hten sei: ob andere Kinemat«»graphei:theatcr nicht einzutragen sind, ist für die Entscheidung ni«-ht v«»n Belang, es kommt hier l«-diglich auf den vorliegenden einzelnen Fall mit seinen zur Eintragung zwingenden Gründen an. Der Einspruch war daher zu verwerfen.” Gegen «lieses Bes«-hlussurteil legte Herr das Rechtsmittel «ler sofortigen Beschwerde ein. Die ganze Angelegenheit ist von grundh-gender Be¬ deutung für viele grössere Kinematographenbesitzer (n Frage kommt hauptsä«-hlieh § 2 «k-s Handelsgesetzbuches, der in seinen Ausführungsla-stimmungen als«i lautet : ..Ein Unternehmen fällt unter § 2 nur dann, wenn es sowohl nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerich¬ teten (ü-sohäftsbetrieb erf«>nk*rt. Als Anhaltspunkte kom¬ men in Betracht: Notwendigkeit einer nach kaufmännis«-hen Grundsätzen g«*ordneten Buchführung. Gebrauch einer Firma. Art «k-s Briefwechsels, der Kass«*nführung und der Zahlungsleistung und Verwendung gewiss«*r Arten von Hilfspers«»nen." Kaufleute naeh § 2 können demnach Anzeigen- und Auskunftsbureaus sowie Sehauspielunter- nehmer sein. Die Angelegenheit kam nun in der Berufungsinstanz vor die Kammer für Handelssa«-hen des Kbnigl Landgerichts in Krefeld, «iie in der Sitzung vom 21. Mai 1909 folgendes Urteil fällte: