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Der Kinematograph (August 1909)

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No 136 Der Kinematograph — Piisseldorl. Aus dem Reiche der Töne Was hat man von einem guten Regisseur bei Tonbildaufnahmen zu verlangen ? Von Max Olitzki. Es ist eine alte Erfahrung, dass die Kritiker von einer schlechten Vorstellung sprechen, »t nn hei ihr nicht alles „klappte". Kr pflegt sich in solchem Kalle der Redewendung au hedienen: die Regie versagt«': das soll dann heissen, der Regisseur holt«' aus «lein Stücke nicht alles heraus, was tler Dichter ausgesprochen. Al»er uicht nur die Absichten des Dichters sind von ihn» zu i'rfüllen. sondern ihm liegt noch ob, «lein Darsteller initzuteilen, wie e r sieh «lie Ab¬ sichten des Autors zurecht geh'gt hat Kr muss also ver¬ stehen, «lein Darsteller jede Nüanc« genau vumumimen, die dieser dann nachzuspielen hat. Kr ist mithin nicht nur des Minien geistiger Führer, sondern auch des Schauspielers Schauspieler. Bei der Oper verlangt man von ihm noch gesanglichen Schliff, «len er dem Sänger sehr häufig 1 »eizu¬ bringen hat. Ist also weiterhin auch Sangesmeister. Der Regisseur muss aber auch malerischen Instinkt. Ver¬ ständnis für Farbenkompoaition. dekorativen (Jeschmack U'sitzen, um den Zuschauer in die nötige Illusion zu ver¬ setzen. Das sind im kurzen die Fundamental-F«>rderungen eines Regisseurs bei einem stabilen Theater, das gnissten- teils vorübergehende, ich meine kurzlebige Stücke zur Vorführung bringt. Kine Tonhildatfnahme, die aller eventuell ewig vorgeführt werden kann, die nach vielen, vielen Jahren immer wieder aufs Tapet gebracht werden darf, muss mit weit grösseivr. erlisteter Aufmerksamkeit in Szene gestützt werden, «leim «1er Film, der sie birgt, ist nicht zu verbessern, er besteht nun mal und kann daher nicht umgeworfen werden. Es ist seitist verständlich, dass wir nur an all«*rerste Filmaufnahmen denken, an wich¬ tige für das im Rntstehen begriffene Filmarchiv würdige Aufnahmen, «lie mich unseren Nachk«»mmen ein klan-s. «'«■ht«'8 Bild zeig«‘ii sollen. Tonbildaufnahmc ’ Das W«>rt wiegt drei Werte auf Man fordert von ihr Musik, gute Musik, «'in anschauliches Hil«l untl nicht zu guterlctzt von beitlen eine tadelhise Aufnahme Sin«! «liese drei Fakten erfüllt, so ergelien sich «1 i e Tonbildaufnahnicn. Wie wird aller gerade die P«Ts«»n des Regisseurs von «len Filmfabrikanten unterschätzt ’ Einige g Lau Um. sie können nicht vorteilhafter disponieren, wenn sie einem Theaterregisseurdie Leitung ihrer Aufnahmen anvertrauen. Das ist ein grosser Irrtum, denn du-ser sieht aus «1er Theaterperspektive, ist nur R«'gisseur. während der Leiter «ier Tonbildaufnahnicn „Mädchen für alhvs" sein muss. Kr muss für die Dekorationen s«»rgeii. den < *hor zusammenstellen, die Solisten auswählen. Perücken U- schaffen, Kostüme kennen, musikalisch sein; er ist mithin sein eigener Ka|icllme:ster, Kostiimschneider. Friseur, Re¬ quisiteur, (lioidirigent, Dek«irationsmaler. Souffleur und Direktor. I-etzten-s, weil er allen na«-hh«'r «lie (Jagen auszahlt, wenn auch mit «lern (leide des Fabrikanten, «len die Künstler alter niemals kennen lernen. Für sie cxistÜTt nur tler Regisseur, der die Vollmacht hat, sie zu «mgagieren. von dem sic ihr Htinorar in Empfang nehmen. Ein guter T«uthildregisseur sollte es nicht duldt'ii. «lass man z. B. eine Arie, von Caruso gesungen, von einem lieli«‘bigen Choristen in der Maske des berühmten Italieners agieren lässt. I>as Udeutet doch schlankweg eine Vorspie- gelung falscher Tatsachen, eine grobe Täuschung für das Publikum Unter solchen Bedingungen könnte er «lern Zuschauer einen grossen Kater für «len gefürchteten Wüsten- h'iwen vorspi«'geln. Oder, wie es gleichfalls häufig geschieht mimt eine Choristin oder Statistin eine v«»n einer intern;, tionalen Sängerin vorgetragene Szene, und der ahnungslos Hörer muss es glaulieti. soeben die und die Grösse gesehen untl gehört zu haben. Zu «lerartigen Handlungsweis« >i sollte sich ein gewissenhafter Regisseur niemals hergeben Ist das zahl«‘iide Publikum erst g«g«'ti s«ilehe Schlich. gek«>mm«'n, dann wird «*s sich hüten, das Kinotlieat«'r zu hesu«'hen, das Kinotheater, das ihm eine Bildungsstätte s«*in soll, von der «'s annimmt, naturgetreue, wahrheitsvoll- Bilder zu sehen. Ist d«*r Theaterregisseur selten ein guter T«»nbil«l regiaseur, so kann ein routinierter Schauspieler ein mise rabeler Tonbildsteller sein. So gibt «*s z. B. Komikei die niemals einen Bühne betreten haben, für die Kino Aufnahmen jedtx-h prädestini«'rt sind untl das Piiblikuu durch ihr«* grotesken Bewegungen. «lurch ihren wandlung- fähigen Gesichtaausdruck zu hellstem Lachen zw ing«>n. Solch Talent«* zu pflegen, ihnen weiter«- Anregungen zu gelx'n. für di« Kiimbühne zu sichern. ist Aufgalie «•inn- guten Regisseurs. Auch auf dramatischem tJebiete find«”) sich solche B«>gal»ungen unter jungen Männlein und Weiblein die von dem Tonbildregisseur erkannt werden müssten Hat dieser den sicheren Blick — und dit'ser ist ciin weiter»- Forderung — so wird er liald in d«-r Lage sein sich ein ganzt*s Ensemble zusamm«'nzustellen, das au> schliesslich für die Filmaufnahmen festzuhalten ist. In Amerika haben sich im Laufe der Zeit - unter verständiger Regie „Stars" gebildet, «lie sich durch ihre bewunderungs würdige, realistische Darstellung für «lie Tonbildaufnahnn gera«iezu unentbehrlich gemacht haben. Wie am Thcat«- des Regisseurs höchstes NVrdienst t*s ist, seine Künstler aut eine n Ton zu stimmen, dur«-h sichern« lneinandergreif«-n der einzelnen Szenen, ein harmonisches Ganz« zu schaffen, so s«illte «ler Ehrgeiz des Tonbildregissetii- gleichfalls dahin steuern, seine Trup|»en auf «las Genauest« zu drillen, zur Disziplin einer peinlichen Verschmelzum. zu zwingen. Der gute Tonl»ildregiss«‘ur muss n«K'h ge wissen haftere Proben abhalten als sein K«illcg' von der anderen Fakultät. Er muss sich immer hewuss* sein, dass er Dauerwerte zu schaffen hat. dass sein Ensemble nach der Aufnahme nicht mehr verlx-sserung- fähig ist. Deshalb tlarf «-r nicht sinnlos, ohne Ueberlegung mechanisch arls-iU'ii. sondern soll sich ständig R i «• h a r <1 Wagners W«»rte Vorhalten: „Das Mechanische unter s«'heidet sich vom Künstleris«'hen dadurch, dass es von Ableitung zu Ableitung, von Mittel zu Mittel geht, um endlich «loch immer wieder nur «'in Mittel, die Maschine. herv*>r zubringen: wogegen «las Künstlerische g «• - r a «1 «• den entgegengesetzten Weg ein schlägt. Mittel auf Mittel hinter s i ch weiss, von Ableitung auf Ableitung ab sieht, um endlich beim Quell aller Ab¬ leitung, alles Mittels, der Natur. mi< verständnisvoller Befriedigung seine* Bedürfnisses anzukomine n." Befolgt «ler Ton bildregiss«'ur diese wenigen Aufmunterungen, so wir«! er mit dem liekanntcn Goethe- W«»rt nicht im Dilenini« lelien: „Die Kunst bleibt Kunst’ wer sie nicht durchdacht. Der tlarf sich keinen Künstler nennen." . Durchdenkt“ er si*\ st» wird er auch ein „Künstler" sein und Künstler bei der Tonbildaufnahmc tun uns n«»t.