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No. 158. Der Kinematograph — Düsseldorf. treten. Hier bekommt man ein ununterbrochenes Arbeiten, Bildjreiht sich unmittelbar an Bild, die dunkehl Zwischen¬ pausen fallen fort, ee gibt kein Flimmern mehr Wohl kaum ein Ding ist so oft erfunden und immer wieder als neue Erfindung der Welt verkündet worden, wie der kinemato- graphische Doppelapparat. Die -Aufgabe, eine wirklich brauchbare und zweckmässige Konstruktion mit geeigneter Filmanordnung zu schaffen, ist nicht so leicht. Gar mancher hat sich mit der Lösung dieses I*roblems praktisch beschäftigt; doch hat bis heute kein Mixlell Eingang in d.e Praxis ge¬ funden. Zum Schluss muss ich noch einer Erscheinung gedenken, die ich schon früher in dieser Zeitsclirift erwähnt habe: dass nämlich das Flimmern bei einem und demselben Ap¬ parat und bei gleicher Beleuchtung verschieden stark auf- tritt. Der aufmerksame Beobachter wird finden, dass der Unterschied durch den Film hervorgerufen wird. Films mit ausgedehnten weissen Flächen, z. B. gross«'m. hellem Himmel, geben ein weniger ruhiges Lichtbild als Szenen mit durchweg dunklem Hintergrund. Wer nun weiter forscht, kommt zu der Beoliachtung. dass in gleicher Weise die Stärke der Beleuchtung auf das Flimmern von Einfluss ist: je heller das Licht, desto unangenehmer wird die üble Erscheinung. Und zum dritten zeigt es sich, dass man durch Färbung der Lichtstrahlen das Flimmern bedeutend dämpfen kann, wobei aber die einzelnen Farbtm verschieden wirken: rot und blau z. B. helfen viel, gelb so gut wie gar nicht. Diese Beobachtungen nun, wonach die Stärke des Flimmems von der Heiligkeit und der Farbe abhängig ist, stehen im Einklang mit rein physiologischen Untersuch ungen. Bekanntlich dauert jeder Lichteindruck, den iias Auge empfängt, noch eine gew-isse Zeit an. nachdem der Heiz aufgebcHt hat, und nimmt während dieser Zeit allmählich an Intensität ab. Unser Auge hält also von jedem Eindruck ein Nachbild zurück, das allmählich schwächer wird, bis es e-loechen ist. Nun sollte man meinen, dass dieses Nachbild umso länger andauern würde, je intensiver der LichteinJruck ist. Das ist alx-r nicht der Fall, die Dauer des Eindrucks wächst durchaus nicht in gleichem Masse mit der Stärke des Reizes. Wie durch physiologische Untersuchungen festgestellt wurde, verliert das Nachbild bei intensiven Lichteindrücken viel rascher an Kraft als bei schwachen, und zwar ist die Abnahme gerade zu Anfang selir stark, um späterhin allmählich und langsam zu ver¬ laufen. Ferner fanden die Physiologen, dass die einzelnen Farben sich in Bezug auf di«- Dauer des Lichteindruckes verschieden verhalten; bei Weies und Uelb halten die Nachbilder beispielsweise länger an als bei Rot und Blau, aber sie nehmen bei ersterem relat : v schneller an Stärke ab. Das Mass des Flimmems ist, wie wir wissen, durch die Abnahme der Nachbilder liedingt — je mehr das Nach¬ bild innerhalb des Wechsel Vorganges abnimmt, desto schlimmer wrird das Flimmern. Wenn nun bei intensiven Eindrücken die Nachbilder rascher an Kraft verlieren, als bei schwachen Reizen, so muss auch die Stärke des Licht¬ eindrucks auf das Flimmern von Einfluss sein. Bei grosser Lichtstärke muss sien mithin ein heftigeres Schwanken bemerkbar machen, oder anders ausgedrückt: je heller die Bilder sind, desto schlimmer muss das Flimmern sein. Und dieses Ergebnis stimmt durchaus überein mit der Beobachtung, die vorher mitgeteilt wurde. Das gleiche gilt von der Stärke des Flimmems bei den verschiedenen Farben. Das Flimmern zeigt sich um so mehr, je schneller die Intensität der Nachbilder bei der Ixstreffenden Farbe nachlässt. Wenn nun bei einer Vorführung das Flimmern in unangenehmem Masse auftritt, so kann sich der Operateur diese Beobachtung zunutze machen, indem er — diese Regel habe ich schon im „Handbuch der praktischen Kinematographie“ gegelien — dem Film nur soviel Licht gibt, als zur Erzielung klarer Bilder nötig ist, und evtl, zur Dämpfung noch eine passende Farbscheibe einschaltet. Die' Netzhaut des Auges ist übrigens — darauf macht mich Herr Univ.-Prof. Dr. Rosemann aufmerksam nich * an allen Stellen für «las Flimmern gleich stark empfindlich man empfindet das Flimmern stärker am Rande des (Je •sichtsfeldes als in der Mitte. Ist das Flimmern Ix-i direktem Aufschauen kaum nex-h zu erkennen, so wird man cs deutlich wahmehmen, wenn man den Kopf dreht, sodass «las stoss- weise beleuchtete Bildfeld von der Seite her auf das Aug<* wirkt. Im italienischen „Cinematögrafo Im Kinemat«>graphentheater liegen die Wurzeln der künftigen Theaterkultur Italiens. Hier wird das Publikum zur Ordnung erzog«'n. Keine Pausen gibt es. keinen Beifall. Der Kinematograph ist das eigentlich bürgerliche Theater Italiens. Die künstlerischen Leistungen sind tlur«-h- schnittlich höher als in «len grösseren Schauspieltheat.-rn und in der Oper. Man darf sehr «ernsthaft darüber sprechen. Erst kürzlich stand in einer italienischen Zeitung eine Notiz, «lass eine Mailänder Kinematographengesellschaft sich mit «l'Annunzio in Verbindung ges«*tzt liabe. um «las Drama des Kinematographen weiter auszubilden Ich gehe in den Cinemat«>grafo. Ich hals- die Wahl zwischen zwei Instituten. Das eine koste« vier Soldi, «las andere sechs. Da es nachmittags 5 Uhr schlägt, wähle ich das vornehmere. Trotzdem versuche ich an «1er Kasse n«x-h einmal, für 4 Soldi hineinzukommen. Allein der Mann spuckt nur verächtlich aus. Ein liebenswürdiger junger Mensch, tk-r mit goldenen Knöpfen besetzt ist. reicht mir ein Programm. Ich strecke nur zögernd die Hand aus. Al>er es kostet nichts . . . Das Foyer teilt sich in drei Räume, die m der Tiefe auf eine mächtige Flügeltür führen. Dahinter, denke ich mir. wird die Vorstellung sein. längs der Wän«le sitzen schon viele Wartende. Ich suche einen Stuhl. Als ich aufsehe, öffnet sich vor mir eine unendlich«- Spiegel wand. Hinter mir auch. Ich habe «las (Jefühl, als wäre ich nackt auf die Strasse gesetzt. Aber ich wagte, mich nicht zu rühren. Mir gegenüber hat sich ein Jüngling nietiergelassen, der mit glühender Zigarette sorgfältig un«l langsam ein Stück Papier einäschert. E’ne elektrische Klingel schrillt ohne Aufhören in abgerissenen Sätzen dun-h tlie Luft. Viele Leute kommen herein und gehen an mir vorüber. Aber es hat Zeit, bis die grossen Flügeltüren dort hinten s : ch öf nen. Alle Leute warten und sitzen unendlich behaglich auf ihren Stühlen. Ganze Familien komme!«. Männer mit wohlgepflegten schwarzen Bärten, gutgeklcidcte Frauen, alberne Kintler. Zwei Engländerinnen mit riesigen Hüten und langen Pergamentgesichtern. Dann hör«- ich Musik: (Jeigen. Flöte. Klavier und Bass. Die kleine Kapeile siizt hinten auf einem Podium. Einige Hemm, die nichts zu tun haben, stellen sich breitlx'inig hin und sehen den Leuten in die Noten. Hs ist erstaunlich, wie diese Leute spielen. Die Instrumente stimmen: die erste Geige reisst alle mit sich fort, ohne dass der Bass den Takt verliert . . . Eine Uniform schreckt mich auf. Den Raum durchschreitet ein ansehnlicher Haupt mann mit seinem Söhnehen. Ich überlege: ein Haupt mann mit seinem Söhnehen kommt nachmittags zur Teestund-» in dtm ('inematngraio. Ich verfolge den Mann mit den Augen: ich bin iiberz«-ugt: alle werden mit Fingern auf ihn weisen. IXx-h der Haupt- mann setzt sich ruhig auf einen Stuhl und wartet. Er könnte doch wenigstens stehen bleiben. Niemand lieachtet ihn. Die Kapelle beendet ihr Stück. Aus einer andern Ecke ertönt jetzt Carus«is Stimme. Er singt einen langatmigen Satz. Ich sehe ntx-h den jungen Mann mit den goldenen Knöpfen, der soeben einen Phonographen aufgez«»gen.