Der Kinematograph (April 1910)

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J55&ematogj3|| ^flusdem Reiche der Töne Fachzeltunj für Kinematographie, Phonosraphle und Musik-Automaten Bezugspreis: vierteljihrlich Inland Mk. 2,10 I Anzeigenpreis: Nonpareille - Zeile 20 Pfg. Ausland.,, 2,75 | Stellen-Anzeigen die Zeile ... 10 m Schluss der Redaktion und Anzeigen-Annahme: Montag Abend. No. 173. Düsseldorf, 20. April 1910. Erscheint jeden Mittwoch. Wir sind mit neuer Zusammenstellung der Adressen- Uste beschäftigt und bitten uns Wünsche betr. Aufnahme ln dieselbe gell, umgehend zukommen zu lassen. Die Expedition. Nachdruck des Inhalts, auch auszugsweise, verbeten Kino und Politik. Deutschland erlebt jetzt aufgeregte 'politische Tage. Wenn es Zeiten gibt, in denen das politische Interesse der Allgemeinheit fast gänzlich schlummert und sich nur die Berufspolitiker um politische Dinge bekümmern, so steht unsere augenblickliche Gegenwart jedenfalls nicht in einem solchen Stadium der allgemeinen Gleichgültigkeit gegenüber den rebus politici. Es wird darum auch von Wert sein, einmal kurz zu untersuchen, welche Berülirungs- punbte sich momentan zwischen dem Kino und der Kinobewegung und der Politik ergeben Wenn 'man zunächst fragt, ob die gegenwärtigen Vorgänge in der Politik auch Gegenstände für kinematographische Vorführungen er¬ gehen, so kann diese Frage wohl bejaht werden. Welches Interesse würden gerade jetzt kinematographische Auf¬ nahmen aus dem deutschen Reichstag oder dem preussischen Abgeordnetenhaus finden! Oder Aufnahmen (wenn sie sich ermöglichen liessen) von Berliner Wahlrechtsdemon¬ strationen! Ich halic die Programme der deutschen Kino¬ theater in diesen Tagen sehr aufmerksam nach solchen Szenen durchsucht und habe natürlich keine gefunden. Es •st selbstverständlich, dass sich für die Herstellung solcher Films enorme technische Schwierigkeiten ergeben. Aller ■ .Schwierigkeiten sind dazu da. um überwunden zu werden"! hat eben der Reichskanzler im deutschen Reichstag gesagt. ^' e deutsche Kinokunst hat doch schon so vieles •nöglich gemacht — sollten ihr nicht auch politische Films (um die sich wahrscheinlich auch das Ausland reissen würde) glücken? Kinematographische Aufnahmen von den politischen Vorgängen dieser Tage dürften sicherlich auch wertvolle Hilfsmittel für den politischen Anschauungsunterricht er¬ geben. Ja, sie würden vermutlich auch ein starkes Agi¬ tationsmaterial darsteilen. Wie viel deutsche Zeitungsleser sind aus ihrer politischen Gleichgültigkeit aufgerüttelt worden, als sie die Berichte über die Wahl- reohtsdemoiiKtrationell lasen, wie vielen ist das politische Gewissen geweckt worden, wenn sie aus den Zeitungsspalten von dem vielfach empörenden Vorgehen der Berliner Polizei gegenüber den zum Teil doch recht harmlosen Wahlrechts- demonstrauten erfuhren! Wie viel mehr noch würde das der Fall sein, wenn ihnen der Kino diese Szenen direkt, lebendig und plastisch vor Augen führte! Der Kino könnte somit sogar ein Faktor unseres politischen Lebens werden und die Kino- bewegung würde dadurch eine Wertsteigerung erfahren, auf die sie nicht so ohne weiteres verzichten sollte' Es bleibt noch die Frage zu erwägen, welche Stellung die Kinointeressenten selbst in ihrer Eigenschaft aLs Staatsbürger zu den gegenwätigen Verhandlungen einzunehmen haben. Die Antwort darauf kann nicht schwer fallen. Die Kinokunst ist eine moderne Sache und deshalb steht sie in direktem Gegensätze zur Reaktion. Sie kann nur gedeihen, wenn ihr eine freiheitliche Ent¬ wicklung verbürgt ist. War das bisher immer der Fall ? Oder hat es nicht gerade die Kinobewegung immer mit behördlichen Beschränkungen zu tun gehabt ? Ist sie nicht immer ein willkommenes Objekt für polizeiliche Erlasse und behördliche Verfügungen gewesen ? Und wie wird sie für Steuerzwecke ausgenutzt! Die Kinokunst gehört zu den meist besteuerten Branchen der Gegenwart und auch sie muss mit für die Steuerdrückebergerei der agrarisch-konservativ-reaktionären Kreise bluten! Kann noch ein Zweifel sein, welche politischen Bestrebungen die Kinointeressenten zu unterstützen haben? Unser Platz muss unbedingt auf der Seite der Kämpfer sein, die zu freiheitlichen Idealen schwören Und wir werden dabei auch für unsere Bewegung Erfolge erzielen, wenn wir rührig und aufmerksam sind. Je mehr wir uns gerade jetzt an der Wahrnehmung politischer Interessen beteiligen, um so besser wird es für uns sein Denn der Kino und die Politik haben in diesen Wochen wirklich sehr viel miteinander zu schaffen. K. W.