Der Kinematograph (April 1910)

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^flusdem Reiche derTömP"" FDthzeltunj für Kinematographie ’honosraphle und Musik-Automaten. Bezugspreis: uierteljihrlich Inland Mh. 2,10 I Anzeigenpreis: Nonpareille - Zeile 20 Pfg. Ausland.. 2,75 | Stellen-Anzeigen die Zeile ... 10 . Schluss der Redaktion und Anzeigen-Annahme: Montag Abend. Zusdirtftwi sind an tfan „Varia« das Klnamatograph", PDssaldort, Pesttadi 71, au richtan Alleinige Inseraten-Annahme für Frankreich, England und Belgien durch die Compagnie gdndrale de Publicity, John F. Jones & Cie. in Paris, 31 bis, rue du Faubourg-Montmartre- No. 174. Düsseldorf, 27. April 1910. Erscheint jeden Mittwoch. Nachdruck des Inhalts, auch auszugsweise, verboten. Kirche und Kinematograph. Von Emil Perlniann. In unserem raselilebenden Jahrhundert schw nden die Grenzen von Raum und Zeit. Auch der Kinematograph dient zur Verwischung dieser Grenzen. Anfänglich — seit Frühjahr 1896 — diente er lediglich der Unterhaltung. Das Variete, das schon für manches Neuartige auf dem Gebiete der Kunst und Technik ein Bahnbrecher gewesen ist, brachte uns zuerst in steter Abwechslung seine viel¬ fältigen Darbietungen, während gleichzeitig in Buden bei Volks- und Schützenfesten die kinematographisehen Unternehmungen einen immer grösseren Aufschwung nah¬ men und vor einigen Jahren auch noch feststehende Kino¬ theater in fast allen grösseren Städten entstanden. Obwohl in allen diesen Unternehmungen „teilende Bilder“ aus den fernsten und interessantesten Gegenden des Weltalls gezeigt wurden, sah man nicht den eminent kulturellen Wert dieser technischen Neuheit. Einfach aus dem Grunde nicht, weil wir unterhalten sein wollen, wir begriffen aber nicht, dass der Kinematograph der beste, gediegenste Anschauungsunterricht für das Volk ist. Bald sahen sich sogar einige Zeitungen und die Lehrer¬ schaft gezwungen, gegen mancherlei Vorführungen in den Kinematographentheatern Stellung zu nehmen, weil diese für das Wohl der Jugend bedachten Kreise in mannigfachen, auf die niedrigen Instinkte einwirkenden Darbietungen eim> Gefahr für das Empfinden der heran wachsenden Mitbürger erblickten. Diese Mahnrufe sind nicht erfolglos verhallt, viele „Kinos“ bringen heute belehrende Films aller Art, haben sogar Vortragsabende eingerichtet, und in Düsseldorf und Dresden haben sich Vereinigungen gebildet, denen Männer von Ruf und vornehmem Empfinden ange¬ hören, die durch praktische Vorschläge die Zusammen¬ stellung guter, einwandfreier Programme, wie überhaupt die Herstellung künstlerischer, belehrender und anregender rums empfehlen. Dennoch wird fortgesetzt auf den Kine- matiigraphen weitergeschimpft in „Stimmen aus dem Publikum“, in Zeitungsartikeln und in Broschüren. Oft unter dem Eindrücke nur eines einzigen Lichtbildes. Mehr Gründlichkeit wäre daher allen „Stimmen aus dem Pu¬ blikum” und Broschürenschreibern zu empfehlen, denn nur zu leicht kann ein Verdammungsurteil gegen einen ganzen Stand gefallt werden. Da muss man — mag man auch nicht mit allem, was geschrielien ist, übereinstimmen — dem Pastor Conradt uniedingt ein Lob erteilen. Seine soeben bei Hermann Walther, Berlin W. 30 er¬ schienene Schrift „K i r c h «j und Kinemato¬ graph'*; liefert unbedingt den Beweis, dass er es an gründlichen Studium, allerdings nur in Berliner Kine¬ matographentheatern und an Recherchen bei den Film¬ fabriken und -Filialen, nicht hat fehlen lassen. Pastor Conradt ist trotz mancher Anklagen ein Freund des Kinematographen. Kirche und Kinematograph sind auch durchaus keine Antipoden, sondern haben beide ein starkes Interesse daran, sich miteinander zu verständigen. Diese Verständi¬ gung zwischen der alten Mutter der Kultur, der Kirche, und dem vorletzten Kinde der Kultur, dem Kinematogra¬ phen, will Pastor Conradt mit seiner Schrift herbeiführen. Schauen wir zu, wieweit dem Verfasser dies gelungen. Die Entwickelung des Kinematographenwesens wird nur knapp dargestellt. dafür aber der gegenwärtige Spiel- plan sachkundig untersucht und der Zensur ein interessantes Kapitel gewidmet. Hier wird dem Fachmann eine Ueber- sicht über das ganz verschiedene Verhalten der grösseren Bundesstaaten geboten. Die eigenartige Ethik der Kine¬ matographen wird beleuchtet und der Verfasser wagt es, auch von Dingen zu reden, über die man sonst schweigt, denn er will an den Krankheitssymptomen den Weg zur Heilung studieren. Gewiss sehr anerkennenswert, wenn der Verfasser aller behauptet, dass er in 250 Stücken 97 Morde. 51 Ehebrüche, 19 Verführungen, 22 Entführungen. 45 Selbstmorde Vorkommen und 176 Diebe, 28 Dirnen, 35 Trunkenbolde, ein Heer von Schutzleuten. Detektivs und Gerichtsvollziehern hat „auftreten“ sehen, dass es so nicht weiter gehen kann, wenn nicht jede Sittlichkeit vernichtet werden soll, so mag er auf Grund seiner Statistik, die vielleicht zur Bekräftigung seiner Vor¬ schläge absichtlich in dieser Zusammenstellung gewählt worden Ist, Recht haben. Pastor Conradt wird diese 250 Stücke aber wohl innerhalb mehrerer Monate in den ver¬ schiedenen Theatern der verschiedenen Stadtgegendcn Grossberlins gesellen und dabei auch gleichzeitig manches empfehlenswerte Lichtbild betrachtet haben. Warum •) Preis Mk. 1.—.