Der Kinematograph (April 1910)

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Der Klnematograph — Düsseldorf. No. 174. Aus dem Reiche der Töne Membranenmaterial. Bekanntlich benutzten die Vorgänger Edisons bei ihren sogenannten „Phonautographen" als rekordierendes Material tierisck«e Membranen ( Häutchen) und seitist Edison benutzte dieselben anfangs Erst Bell und Zainter verwen¬ deten als „namhafte" Verbesserung dünne Glasplättchen und waren von dem Werte dieser Erfindung so ülierzeugt. dass sie ihren Apparat, der fast ganz Edisons Phonographen glich, auch im Xanten unterschieden wissen wollten. Sie nannten ihn Graphophon. Edison erkannte sehr wohl die Verbesserungen an und machte als amerikanisch-kaufmän¬ nisches Genie kurzen I*rozcss. indem cu- die einschlägigen Patente aufkaufte, nachdem er einige Zeit hindurch an Zainter für jeden nach dessen Prinzip gehenden Ap|iarat die ganz erhebliche Summe von zehn Dollar gezahlt hatte. Da die Glasmembranen sehr leicht zerbrechlich waren und das Ende der siebziger Jahre erfundene ..Hartglas" seinen Erwartungen nicht entsprach*), sah man sich nach einem Ersatz um. Das nächst liegende war. dass man das sogenannte Marienglas (Mica) wählte, eine Gipsail. die auch unter dem Namen Glimmer bekannt ist. Diese Gli.n- mermembranen hallen seither den Markt eroliert und fast jede Sprechmaschine ist ausschliesslich mit ihnenJ"ai s- gestattet. Der Glimmer ist ein Naturprodukt und kommt be¬ greiflicherweise nicht immer in der von Fabrikanten ge¬ wünschten Qualität auf den Markt. Bald ist er durch ver¬ schiedene Einsprengungen (Fremdkörper) verunreinigt, dann wieder aus uidiekannten Gründen wenig elastisch. Grosse Partien sind schilferig, <1. h. nicht nur nach einer Achse hin s|ialtlmr. Im i anderen wieder ist die S|>altl>arkeit eine beschränkte. Es musste sich also als notwendiges Bindr- -'licd zwischen dem Sehalldosenfabrikanten und dem Natur- irlimmer-Lieferanten der Membranen Hersteller einschicben. Weil dieser ziemlich bedeutende Abfälle hatte, die wertlos waren, seine Arbeit bezahlt sehen und natürlich auch Ver¬ dienern wollte, verteuerte sich der Artikel nicht unliedeutend und eine Anzahl Fabrikanten iiegann sich um einen Ersatz des Gümmers als Membranenmaterial umzusehen. Wir wollen gleich im Vorhinein bemerken: Erreicht wurde bis heute nichts und noch immer dominiert die Glitr- mermembrane. Allein dies hindert ja nicht, dass künftig etwas erreicht weiden kann, und wer einen wirklich passen¬ den Ersatz findet, dürfte sehr liald ein gemachter Mann sein. Edison, gewitzigt durch die Jugenderfahrungen, kam vor wenigen Jahren mit einer Membrane auf den Markt, die aus einem dünnen, gehämmerten, später gezogenen Kupferblech bestand. Die Sache schien recht nett und praktisch, doch bald liemerkte man. dass die atIonosphärische Elektrizitä* auf dieses Kupfermembranehen einen ganz auffallenden Einfluss hatte. So verschwand es nach kurzem Scheindasein wieder von der Bildfläche. Itann kam Williger, ein höchst talentierter Mechaniker in Anina, durch Zufall auf den Gedanken. Hornplättchen als Membranen zu benutzen. Aber hier hatte man eben- falls mit äusseren Einflüssen nicht gerechnet. Die Haupt¬ sache bei einer guten Membrane ist, dass sie jeder mechani¬ schen, durch den Griffel auf sie geleiteten Bewegungsein - wirkung nachgibt. Nun trifft dies beim Hornplättchen *) E» war die» ein sogenanntes „unzerbrechliches“ Glas, .ageniitände daraus waren gegen mechanische Einflüsse (Hieb, ; toss, Fall) ziemlich unempfindlich, zersprangen aber oft ohne jeden Anlass von selbst I zwar meist zu, wenn es gerade, plan völlig eben ist. Horn ist aller sehr hygroskopisch und setzt man eine Hom- membrane der Luftfeuchtigkeit aus, so wird sie wellig. Die Wellen liedeuten aber Vereteif ungen, hindern also die Membrane an einem Schwingen, entsprechend den (durch den Griffel) empfangenen Impulsen. Solche Hornmem¬ branen spielen, da sie nur zu l / s oder * 4 ihrer Fläche aus¬ genutzt werden, 3—4 mal leiser als Glimmemicmbrancn. und daran scheiterte bei der Vorliebe des Publikums für lautstarke Reproduktionen die Einführung dieser Materie in die Sehalldosenfabrikation. Als dritter, der wirklich einen Vorstoss machte, ist Carl Belew (Maniutwerke) zu liezeichnen, dem es schon frühzeitig, als alle andern noch sklavisch an dem herge¬ brachten Materiale hingen, klar war, dass sich fast jede Materie ab Membrane verwenden Hesse. Er baute Sohall- dosen mit Eisen-. Messing-, Blechmembranen, verwendete Papier. Holz und Linoleum ja, er gab sogar dieses Rezept als Not behelf bei raschen Reparaturen im Falle Bruch der Membrane dem Publikum kund. Heute stellt man abermals um einen Schritt weiter. Man weis-, dass nicht bloss dünne Scheiben, Bleche etc. sich zur Not als Membranen verwinden lassen, sondern jeder Körper, der schwingen kamt, wenn ihn Ton wellen treffen Man kann also mit einer Schere, einem Federstiel, einer Gabel, dem Fusse eines Tintenfasses, ja sogar mit einem etwa- zugespitzten Fingernagel die in der Schall¬ platte liegenden, schlafenden Töne wecken, weiui man den Schallrillen folgt. Eine Pappschachtel, ein Filzhut. durch den man eine Hutnadel gesteckt hat. kann ebensogut als Sehalldose dienen, als ein Holzgefäs*. in dessen Boden man einen Nagel geschlagen hat. Freilich ist die Leistung dieser improvisierten Sehall¬ dosen liedeutend lautärmer (scliallschwächer) als die wirk¬ licher Sehalldosen. Und das ist durch das Material bedingt Je homogener, gleichartiger und spaltlxarer, je dünner herzustellen, je elastischer das Meinbranenmatcrial ist. desto bessere EintWirkungen wird es erzielen. Man teilt die Körper vom Standpunkte der Phono- graphie aus ein in solche, die liei Sehallerregungen mit- schwingen (sogenannte hörende) und solche die nicht mit- schwingen (taube, z. B. Blei). Di«*s hat seine Berechtigung, so lange es sich nicht um M embranen handelt, denn solche dünne Körper sind fast immer „hörend", selbst wenn sie aus effektiv tauliein Materiale liestehen. Gümmer ist ja auch ein taubps Ma¬ terial. solange es nicht fein gespalten ist. I >io Frage: Welches ist der beste Ersatz fiir^die heutige Glimmennentbranc ? ist also auch wissenschaftlich sehr interessant und man wird sich, um greifbare Resultate zu erzielen, nicht auf die Experimente mit verschiedenen Blechen (Metallen, anderen Platten etc.) beschränken dürfen, sondern auch die bisher ganz unbeachteten tauben Ma¬ terien in die Untersuchung einbeziehen müssen. Vielleicht ist hier auch der Ort, einmal darauf hin¬ zuweisen. dass die äussere Form der Membrane doch alisolut nicht ein kreisförmiges Scheibchen sein muss, wie das heute allgemein der Fall ist. ln der Musikinstrumentenbranohe hat man tönende Scheiben in Dreiecksfarm (Triangel), als Becher. Halbkugel. Zylinder, (docke etc. mit gutem Erfolge verwendet. Sollte dies bei der Sprechmaschine ohne Wirkung sein? Es käme auf den Versuch an. der un¬ seres Wissens bisher noch nicht gemacht worden ist. Viktor A. Reko.