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No. 179. Der Kinematograph — Düsseidort. Humoiwkt 1 vordemonstriertc ? Audi das nidit. Kurz ent- schlossen bahnte ich mir mit den Ellenbogen und einigen freundschaftlichen Rippenstössen einen Weg dnreh die Gaffer. Jetzt sah ich'»: Auf einem Podium stand ein U-- multes Individuum mit einer ellenlangen .Angströhre" auf der gelblich schimmernden Perücke und mit riesig weiten, grosskarierten ..Unaussprechlichen", zu denen «1er braune Kock mit den zerfetzten Schwalbenschwänzen in seltsamem Kontrast stand. Besagt«T Mensch hielt in aufgeregtem Tone einer neben ihm stehenden Blondine eine Standpauke, worauf **r von ihr eine Ohrfeige erhielt, die sicher v«>n guten Kltcrn war, denn es klatschte derart, wie wenn eine erboste Waschfrau mit ihrem Waschholz auf di«- nicht saulier werden wollende Wäsche loshaut. Natürlich hat da alles gelacht auf Kosten «l«*s Verblüfften, der dann einen Stuhl auf einen Tisch stellte und hinaufklettern wollte. Doch dazu kam es nicht, denn «lie ganze Pastete fl«ig iibci den Haufen. Daroh gross (Jeschrei. (Jeläehter und Beifall. Ik*r Herunter¬ gepurzelt» hatte keinen Schaden genommen weil zu einer solch naturgetreuen Darstellung einer Kincmatographen- szene ihn sein mit einer liekannten Filmfabrik abgeschlosse¬ ner Kontrakt nicht verpflichtete. Dass es nichts anderes als ein für einen ,,Komischen" liestiinruter Fthnakt war, verrieten mir zwei bekannte Drehapparate, die ich als alter ..Kinematographist" nicht mit Kaffeemühlen verwechseln konnte. „Pest jaiur !«• Pinema", flötete neben mir eine (Jrisette, d e in den Pinentas Lebensweisheit schöpfen mochte Ich schob; die Komödie war f«*rtig. mein Hunger gross, die Hausfrau daheim vielleicht schon beängstigt wegen meines langen Ausbleibens, denn es war um die Mittagszeit. Am Ende war es mein knurrender Magen, «ler schuld war an «len wehmütigen Reflexionen iilicr mein Vaterland, die auf «lern Heimweg auf mich hereinstürinten! Wenn man in Berlin so was riskiert hätte! Du lieber (Jott! Da würden «lie Hermandadsjünger den Schauspieler von der Strasse weg verhaftet haben: wegen Verursachung «-in«-s grossen Mensehenauflaufs und einer Verkehrsstockung wäre er für ein paar Wochen ins „Kittchen” geflogen. Aber «lic Pariser nehmen es nicht so genau. Sie sin«! ein lustig und lebensfroh Volk hin uikI haben gross«* Vorliebe für «lie Cinemax. die sieh demzufolge ein«*s guten Prosperieren» zu erfreuen haben. Auch macht ihnen kein«- philisterhafte Zensur einen Strich über Liebesg«*schichten, iiiier unschuldig*- Mori¬ taten oder über kleine Kinder, die sieh die Windeln ahge- strampelt haben un«J in ihr«-r -cizeiulen Natürlichkeit keinen unverdorbenen Kinobesucher ehoki«*ren können. Ja. die Zensur! Zusammenstreiehen un«l kritisi«*ren kann jeder, aller besser machen — wer? Die Zensoren nicht! Abu die hiesigen Kinos laufen fl« »t t. Was si«- Nachteiliges uufzu weisen haben, sind die oft uralten Films. <li,- schon eine Rundfahrt durch die hall»- Welt gemacht IiuIn-ii. lK*v«ir sic an ihrer Ursprungsstätte zur Vorführung kommen. S«> war eh mit meiner Gattin in einem der vornehm uni! leistungs¬ fähig sein sollenden Theater. Von den Suj»-ts. «li«- wir da zu sehen liekamen, waren uns einige vom letzten Jahr«* her bekannt, so «lass meine Frau ganz erstaunt meinte: „Und «las ist das Etablissement einer Filmfabrik! Da hals* ich ja ein paar von den Bihlem schon vor Monat«*» im Miil- hauser Apollo-Therter gesehen!" An der Vorführung stiloher alt«*r Schmöker kranken «li«* meisten «ler hit*sig«*n Uinemas Nicht all«* Da ist z. B. «ler vor wenigen Wochen in «ler Rue Taitlmut eröffnet« „Ameriean Bi«>graph”. der in betreffs präziser optischer Berichterstattung und Dar¬ bietung von Aktualitäten Mustergültiges leistet. Am Tag«* vor der Ankunft des Ex-Präsidenten Roosevelt in Paris zeigte er die ausgezeichnete Aufnahme dessen afrikanischen Jag«lzuges. l’n«l s«*ither hat «*r diesen Film im Programm, «ler trotz der dreiwöchigen Vorführungsdauer seine gewaltige Anziehungskraft nicht verliert. F«*rn«*r hat das gleiche Th«*ater den bekannten R«*kortlflug Paulhans von London nach Manch«*«ter schon am Tage nach der gediegenen Auf¬ nahme im Prograuiui gehabt. D«*r „American Biograph" hat sic-li dank s«*in«*r Must«*rgültigkeit. obwohl «lie Eintritts¬ preise zwischen I utul .1 Franken fcstg«*s«*tzt sind, einen illustren Kundenkreis gesichert, der sich in dem vornehmen. 350 Personen Raum bietenden ii«Jk*I ausgestatteten Saal ein ständiges Kcn«l«*zvous gibt. Von den dort vorgefiihrteii Films stammen die meisten aus «l«*r Fabrik von Kaleigh und Robert. Man sieht, dass ebenallü b«*raU nur «las (Jute sieh am schnellsten Rahn bricht. So. «las sind «lie Gedanken, die auf meinem Nach¬ hausewege vor meinem geistigen Auge Revue passierten, und als ich dann liei „Muttern“ vergnüglich am Tisch snss und ihn*r Kochkunst Ehre antat. da hat sieh ein Wunsch in mir reg«* gemacht, der mit einem „Prost Mahlzeit" just nichts gemein hat. der als-r ebenso ehrlich gemeint ist. Entsprungen ist es dem Bewusstsein, dass maneh«*s noch faul ist in unserer Branche. E> ist der Wunsch um gut«*s Gedeihen unserer schönen Kunst, die so nachhaltig auf die (Jeinüter wirken kann. Und wenn diese Kunst richtig gepflegt wird, dann wird «*s nicht eine sein, die nach Br«it geht, nein, dann wird sie ihre Jünger ernähren und ihnen idealen und materiellen Erfolg verschaffen. Wahrlieh, stark«* Männer braucht es, um sie auf die Höhe der Voll¬ kommenheit emporzuheben. Jedoch der Weg zu dieser Stärke ist leicht zu finden: Es ist die Kinigk«*it. die Stärke bietet. Seid <*inig, und ihr s«*id stark 1 Films an Bord ! ln «l«*r in B«*rlin erscheinenden Zeitschrift ..Das Theater" hat jüngst ein Hamburger Schriftsteller an geregt, auf unseren Auslandsdainpfc-n auch ständig- Theatervorstellungen einzurichten. Das würde voraussetzen, «lass die Dampfer alle ein eigenes Ensemble mit si«-h führten. Das verursacht aller so viele Kosten, dass an die Realisierung des Vorschlags so bald nicht zu denken ist Dafür würde sieh aller etwas anderes sehr l«*icht erzielen lassen, wenn inan nur w«>llt«*: nämlich «1 «* Etablierung von Kinos auf den grossen Dampfern ! Der Kino wäre imstande, die erwünscht«* Bülinen- Untcrhaltung durch Schauspitder auf den Schiffen voll¬ ständig zu ersetzen! Und dabei kann er noch eine viel reichhalt i g «* r «• Unterhaltung gewähren. Seine Vor¬ führung«*» brauchen sich nicht nur auf die Reproduktion von Tragödien und Kimiödienszenen zu beschränken, ob¬ wohl es auf diesem Gebiet beute schon mögli«-h ist, «li«* ersten darstellenden Künstler von B«-rlin und Paris auf den Films zu zeigen nein, das Kin<*pmgraui>n kann den verschiedenen Interessen der Dampferpassagiere noch ganz an«l«*rs entgegeukommen. indem «*s ihnen au*-h geographisch«* und sonstig«* wissenschaftliche Objekte vorführt. Ungemein lehrreich wird der Kino an Bord wirken, wenn er den Passagieren Szenen und Bilder aus d«-in L a n d < ihres Reiseziels darstellt. Wie mancher deutselie Auswanderer kann durch Vorführung von Films aus dem New Yorker Leben auf «lein Leberfahrtsdampfer schon au! die Gegenden vorbereitet werden, «lie ihn erwarten! Und umgekehrt: wie mancher Amerikaner kann Deutsehland schon auf dem Ha|iagdampfer kennen lernen, wenn’s ihm der Kino zeigt* Und wie billig wäre eine solche Kinounterhaltung an Bord einzurichten! Was würde im (Jegensatz dazu ein Schauspielensemble für Kost«*n verursachen, ganz alig«-- sehen von dem Platz, den sein«* Mitglieder auf dem Dampfer für sieh und alle ihre Requisiten in Anspruch nehmen würden! Wie wenig Raum beansprucht indessen <*in Kin<> apparat und die Aufbewahrung der nötigen Films. Und zur Bedienung würde eine einzige Kraft genügen ..