Der Kinematograph (December 1910)

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No. 307 Der Klnematograph — Düsseldorf. Aus dem Reiche der Töne Sprechende Ansichtskarten Seit einiger Zeit sieht man in den lÄden diverser Papier- liändler und auch in Grammophon-Spezialgeschäften nette kleine Ansichtskarten, die auf der Bildseite eine <Irammo¬ phon platte tragen und auf der hallten Adreweite beschrieben werden können Die Karten lassen sich ohne jeden Schaden per Post zum gewöhnlichen Porto befördern und ergeben, auf eine Sprechmaschine gelegt ganz nett«' Resultate. Freilich kommt es vor. dass si.* manch mal. wie man sagt, mit dem Plattenteller ..mitgehen“, allein diesem Uebelstande lässt sich leicht durch eine schräg in den Patteniibcrzug (nicht in die Karte selbst) eingezogene Stecknadel abhelfen. Diese Karten haben als leicht verkäuflicher und gerne genommener Artikel auf einmal grösseres Interesse erregt, als man ursprünglich annehmen konnte und es wurden zahlreiche Fragen an uns gerichtet, wer eigentlich der Fabrikant dieser Neuheit sei. Wir wollen es gleich sagen: Es ist dies die allbekannte Zonophone-Gesellschaft, das Schwesterunt‘rnehmen der I leutsehen Grammophon-Aktiengesellschaft in Berlin. Dass die Karten aber eine Neuheit sind, und als solche allgemein gelten, ist höchst merkwürdig. Jeder ältere Brancheangehörige wird sich erinnern, dass diese Karten schon vor Jahren in Berlin fabriziert wurden, freilich ohne den geringsten Absatz zu finden Damals war eben die Sprechmaschine noch kein so ver¬ breitetes Instrument wie heute und die Häuser, in denen sie sich vorfand, gehörten niemals Arbeitern. Der Versuch, diese Karten an den Manu zu bringen wurde ein paarmal gemacht. Blättert man die Fachz.'itungen der porno¬ graphischen Branche nach, so findet man. dass die Zono- phone-Gesellschaft schon im Jahre 1905 eine ziemlich aus¬ giebige Reklame für die „ Sp rechende, singende und musi¬ zierende Ansichtspostkarte“ gemacht hat. Schallplatten-Ausichtskarten hat ferner schon vor dem 7. März 1906 die G m. b. H. Buntb & König in Berlin erzeugt. Denn in dem Beschluss der Beka-Rekord-Gesell¬ schaft (heute Bekaphon-Aktiengesellschaft) vom 2. Februar 1906 wurde bekannt gegeben, dass von der Stammeinlage die Schallplatten-Post karten — ausgeschlossen bleiben sollten. Es ist nun höchst sonderbar, dass eine so alte Sache plötzlich als Neuheit auftritt und noch sonderbarer will uns der momentane grosse Erfolg dünken, den die ganze Sache hat. Es ist wie eine Massensuggestion, wie eine Mode, die über Nacht kommt und plötzlich vergeht , und der Zono¬ phone- Gesellschaft ist nur zu grat ulieren.dass sie den rieht igen Moment abzupassen verstanden hat, in dem sie mit diesen Karten herauskam. Warum sie aber aus dem Umstande, dass sie di? Fabrikant in ist. so lange ein Geheimnis machte, ist unverständlich. An dieser Stelle sei daran erinnert , wie leicht man sich bei Erfindungen mit einer scheinbar höchst gelungenen Sache verbluten kann, wenn man den rechten Moment ver¬ passt. Bekanntlich hat die französische Phonopostal- (Gesellschaft in Paris etwas viel besser»*« als diese sprechende Ansichtspostkarte vor etwa drei Jahren auf den Markt gebracht. Es war dies ein kleiner Phonograph, der es ge¬ stattete. Ansichtskarten nicht nur abzuspielen, sondern auch aufzunehmen. Man konnte also mit Besitzern dieses Apparates per Stimme korrespondieren. Zudem liessen sich die Karten auch ohne Rücksicht auf die Schaltfläche be¬ schreiben. Die Vorbereit ungen. die man machen musste, um die richtige Masse zu erfinden, die den Schall aufnaliiii. ohne zu zerbröckeln, kosteten rund 6IHMHKI Francs, lind diese Gesellschaft konnte trotz enormer Beteiligung seitens der französischen Finanzwelt nicht den geringsten Erfolg aufweisen, sie ging so schäbig ein, dass es geradezu sprich¬ wörtlich wurde, von einem Fall ä la Avenue Kellermann (Sitz dieser Phonopostal-Gesellschaft) zu sprechen, wenn irgend ein grosses und gut fundiertes Unternehmen aus unbe kannten Gründen plötzlich zugrunde ging. Wir haben in der Schallplattenindustrie nicht bloss bei Apparaten, sondern auch in den Platten u.isere Moden die kommen und gehen. Wer weiss. ob nicht in fünf Jahren abermals die sprechende Ansichtskarte als gewaltige Neuheit kommt und ihr** heutige Existenz selbst von Fachleuten vergessen sein wird, wie die Fabrikat«* von Bumb und der Zonophone vor fünf Jahren! kiavieraufnalliiien. Bekanntlich ist «las Klavier eines der g.- bräuchliohsten, al*>r für «len < Irammopunntechniker unangenehmsten Begleit inst rumente zur Vokalmusik. Oie Aufnalunen seil»,« grösster Instrumente haben b«*i der \Vi«*«lergabe einen leeren, zynihal oder guitarrehaften Ton, der Anschlag ist kaum hörlmr* dafür «las Vibrieren der Saiten, das dem Anschläge folgt, sehr stark. Man hat alle möglicher. Versuch«* gemacht, die Technik der Klavieranf nahmen zu verbessern, allein bisher kein«* Resultate erreicht. Ebenso lag die Sache bei (lrg«-l und Geige. I lies«* beiden Instrumente liessen sieh alter leicht a)ifuelim<*n. wenn man an ihrer Konstruktion einige*, änderte. So trat an Stelle der Kceonauzhöde«. der Geige die Mcm braue mit Trichter, an Stelle der geraden Pfeifen nnrdmmg liei «1er «Irgel die kreis- od«*r halbkreisförmige und abgedaehte. Auch ersetzte man vorteilhaft die Orgel durch das Harmonium, das von Blech lx*gk*itet und verstärkt wurde. Aehnlichee ist nunmehr auch lieim Klavier«* versucht worden. Man hat si«*l« nicht mehr die Mühe gc- geben, das spröde Instrument für Aufnahmezweek«* geeignet zu machen, sondern eb«*n alles jene, was am Klaviere für di«- Aufnahme hinderlich war. zu beseitigen. Dass die stärksten .Schälle beim Klavier unter dem Resonanzboden ertönen, ist jedem l>ekannt. der einmal, während «las Instrument gespielt wurde, sieh die Müls- nahm, unter dasselbe zu kriechen und zu horchen. I lass die Nacliscliwüigungrii eben nur vom fixen Resonanzboden kamen, war eb«*ns«> klar. Und endlich ist die Schwäche <l«*s mitgenommenen Tones bei der Wiedergabe nur eine Folg«- des originaiscltwachen Tone». Mao hat daher Versuch«* mit Pianinos und Flüg«*l gemacht, deren Tonkörper nach den Angaben des Klavierbauers Johannes Keilbock in Duisburg mit freisen webendem Tonkörper ausgestattet waren. Dadurch, dass der Kasten stand, statt lag. war es möglich, den Trichter direkt vis-Ä vis der Saiten zu | tarieren. Man hat aber tilterdies anstatt drei Saiten für jeden Hammer «l«*ren neun und «len Hammer als dreifach geteilte Gabel angebracht. I>i«, derart herge stellten Aufnahmen sind ausserordentlich glänzend gelungen. Es soll nicht verschwkgen werden, dass es die Firma Favorite. Hart kopp und Fischer war. die mit zwei solcher Instrumente «las VirtuoaaMpmr Louis und Susanne Reo aufnahm. Auf Starkton maschinell gespielt, klingen di«*se Klaviersoli verblüffend natürlich. Wertvolles Orchestrion statt M. 6000 für M. 2000 so gut wie ne«, Umstund.« halber gegen bar oder gegen kürzere Raten zu verkamen. Oofl. Off. unter L N 8352 a. d. Kinematograph erbeten.