Licthbild-Bühne (February 1911)

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Seite 8 L ■ B ■ B No. 5 In dem Prozeß gegen den Geschäfts¬ führer M a x C o b i n, von dem wir wiederholt berichteten, ist jetzt das Urteil erster Instanz des Schöffen¬ gerichts - bekannt. Wir können uns nicht versagen die Begründung hier vollständig zum Ausdruck zu bringen und um den Eindruck nidit abzuschwächen, uns jeden Commentars zu enthalten. Das Urteil verurteilt sich selbst! B e g r ii n d u n g : Die im Regierungs- und Amtsblatt für den Regierungsbezirk Potsdam ordnungsmässig be¬ kannt gemachte, vom Polizei-Präsidenten Berlin erlassene Verordnung vom 30. Juli 1910 be¬ stimmt. drß Kinder unter 14 Jahren nach 9 Uhr abends während der öffentlichen Vorführung in den Kinematographentheatern auch in Be¬ gleitung Erwachsener nicht geduldet werden dürfen, § 1, und droht für Zuwiderhandlungen Strafe an (§ 2). In dem Kinematographentheater Simon Dach¬ straße 12, dessen verantwortlicher Leiter der Angeklagte ist, sind am 18. Oktober 1910 und am 19. Oktober 1910 noch nach 9 Uhr abends während der Vorführung Kinder unter 14 Jahren anwesend gewesen; am erstgenannten Tage hatte der Angeklagte um 9 Uhr an das Publi¬ kum die Aufforderung gerichtet, daß Kinder unter 14 Jahren das Lokal zu verlassen hätten. Der Angeklagte war zu bestrafen, denn I die genannte Polizeiverordnung i>t gültig. II der Angeklagte hat sie übertreten, ad I. Die Polizei-Verordnung findet eine gesetzliche Unterlage in i; G lith. a. des Polizei-Verwaltungs¬ gesetzes von 11. März 1850, wonach zu den Gegenständen der ortspolizeilichen Vorschritt gehört ..der Schutz der Personen.“ Ls ist ohne weiteres ersichtlich, daß der Is wir noch in die Schule gingen, mußten wir uns in der Geographiestunde mit dem Aus¬ wendiglernen von Namen ab¬ quälen, die für uns wenig oder gar nichts bedeuteten. Denn nur ab und zu hatte der Lehrer Zeit, uns etwas von der Welt da draußen zu erzählen. Aber auch dabei konnten wir uns manches nicht vorstellen oder schufen uns mit Hilfe unserer Phantasie' ein falsches Bild. Wie herrlich hat es jetzt die Jugend! In wenigen Minuten können ihr die fernsten Gegenden mit täuschen¬ der Aehnlichkeit vorgeführt werden. Und dieses Wunder hat der Kinematograph vollbracht. Diese lebenden Bilder geben den Inhalt ganzer Bücher ohne deren Trockenheit und vermitteln Kenntnisse, die durch bloßes Lesen nie gewonnen werden können, da sie sich unver¬ wischbar durch die Anschauung einprägen. Der alte Satz, daß nichts im Verstand Ein Urteil! Zweck der Verordnung der ist, Kinder gegen An¬ näherungen von Theaterbesucher zu unsittlichen Zwecken mul gegen unzüchtige Berührungen seitens solcher Personen zu schützen (Diese neueste Begründung der erlassenen Polizeiver- ordnung ist so glänzend, daß wir hei derselben schier sprachlos waren. Wir haben unsere Sprache aber schon wiedergefmulen, und werden in Unserer nächsten Nummer zu ergründen versuchen, weshalb diese „Gefahren“ erst nach 9 Uhr auftauchen. I). Red.) denn es liegt für derartige Llemente mehr, eine Stätte für ihr Treiben in den Kinematographentheatern zu suchen, die erfahrungsgemäß vorzugsweise von Kindern besucht werden mul deren Zuschauer- raum während der Vorführung verdunkelt wird. Der Annahme, dal' dieß der Sinn der Polizei¬ verordn img ist. steht auch nicht entgegen, daß auch die Begleitung Krwachsener an dem Ver¬ bot nichts ändern soll, denn die begleitenden erwachsenen Personen werden nicht immer im¬ stande sein, die Kinder gegen die genannten (jefahren zu schützen. Ls ergibt sieb hieraus, daß das Vorhanden¬ sein einer besonderen Zensur für solche kine- matographischen Bilder, die vor Kindern vor- gclührt werden dürfen, den wahren Zweck der Polizeiverordnung gar nicht berührt und ihrer nicht entgegensteht. Die geschilderte Gefahr, der die Polizei¬ verordnung entgegentritt, ist nun durchaus nicht eine so fernliegendc, daß der Polizeipräsident mit dem Lrlaß der Verordnung die Grundlage des gesamt,.ii Polizeiverordnungsreehtes. den Id. 11,17 Alle. I.andrechts verbissen hätten; die Tagespresse hat des öfteren glaubwürdige Källc berichtet, in denen gegen Kinder während ktnematograpliischen Vorführungen unsittliche Das lebende Bild. Von Max Hoff mann. ist, was nicht durch die Sinne hin- durchgedrungen ist, kommt jetzt erst zu seiner vollen Geltung, und sonst nicht geahnte Perspektiven eröffnen sich. Mit Hilfe der kinematographischen Bilder, die immer wieder vorgeführt werden können, kann leicht ein solider Grund¬ stock von Anschauungen wie ein festes, unverrückbares Gebäude im Geist er¬ richtet werden. Besonders für schwächer begabte Schüler ist das sehr vorteilhaft. Eine das Interesse erweckende Folge lebender Bilder kann in zehn Minuten mehr Wissen beibringen, als ein stunden¬ langer Vortrag. Und der Lernende er¬ hält dabei eine genaue fehlerlose Be¬ lehrung mit Klarheit und ausdrucksvoller Kürze, wo jedes Mißverständnis aus¬ geschlossen ist. Denn es ist fast so gut, als wenn die Natur selber zu ihm spräche. Der vervollkommnete Kinematograph führt heute gegen 2000 Bilder in der Angriffe gemacht werden sind. Darüber hinaus ist die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der Polizeiverordnung aber gemäß § 17 cit. Ges. per richterlichen Coquition entzogen. Der Angeklagte macht nun weiter geltend, daß die Verordnung in das gemäß § 1631 Bürger¬ lichen Gesetzbuch den Eltern zustehende Er¬ ziehungsrecht eingreifen und damit gegen § 15 des Polizei-Verwaltungsgesetzes verstoße. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn das elterliche Lrziehungsrecht besteht wie jedes andere Privat- recht. nur insoweit, als ihm nicht Bestimmungen öffentlich-ernstlichen Inhalts entgegen, die auf gesetzlicher Grundlage auch im Wege der Polizeiverordnung erlassen werden können. Hiernach bestehen gegdn die Gültigkeit der in Rede stehenden Polizei-Verordnung keine Bedenken, ad. II. Der Feststellung, daß der Angeklagte an den beiden fraglichen Tagen Kindern unter 16 Jahren während der Vor¬ führung in dem von ihm geleiteten Kinemato¬ graphentheater geduldet hat, steht in dem Fall vom 1H. Oktober 1910 die Aufforderung, daß Kinder jetzt das Theater zu verlassen hätten, nicht entgegen, denn, genau wie im Falle des § 563 Abs. 2 Strafgesetzbuchs macht sich der Angeklagte eines „Duldens“ schuldig, solange er nicht alle ihm Kraft seines Hausrechts zu Gebote stehende Mittel zur Entfernung der Kinder erschöpft, vor Allem also polizeiliche Hilfe gerufen hat. Dies hat er aber nicht getan. Der Angeklagte war soweit wegen Ueber- tretung der Polizei-Verordnung yom 31. Juli 1910 zu bestrafen, und zwar in jedem Fall ange¬ messen mit 3 Mk. eventuell 1 Tag Haft. D!e Kostenentscheidung beruht auf § 497 Straf- prozeßordnung. Minute vor. Auf diese Weise können die raschesten Bewegungen des dar¬ gestellten Gegenstandes scharf und klar wiedergegeben werden. Das ist un¬ schätzbar für jeden, der nicht Gelegenheit hat, die Vorführung der Naturgegenstände selbst zu beobachten. Bilder, die in größeren Zeiträumen aufgenommen sind, können nachher rasch hintereinander vor¬ geführt werden, und das ist vom wissen¬ schaftlichen Standpunkt von großer Wichtigkeit. Der Studierende braucht nun nicht lange zu warten, wenn er einen Vorgang kennen lernen will. Wird z. B. fünf oder sechs Wochen hinter¬ einander das Wachstum einer Pflanze in den Hauptphasen aufgenommen, so kann der Vorgang nachher im Verlaufe von wenigen Minuten projiziert werden, so daß die verschiedenen Stufen des Wachsens sich ganz eilig und zusammen¬ hängend vor den Zuschauern abspielen und dadurch fest einprägen.