Licthbild-Bühne (December 1911)

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Seite 16 L • B ■ B No. 48 gezeigten Bilder mit einem gewissen Grade von Freude zu sehen, wobei man die Bequemlichkeit opfert. Das Bild ist zu Ende und man hat ein Sensations¬ gefühl wie die Welle der Erhebung in einer Kirche nach einem Gelegenheits¬ gebet. Die Lichter flammen auf und man erblickt rechts hinten gerade über den Köpfen den überhängenden Operations¬ raum respektabler Ausdehnung. Die Wände zieren ansehnliche Malereien. Im Paneel sieht man eine Landschaft voller Leben oder man lernt die Geheim¬ nisse des deutschen Humors kennen. Ueberall an den Wänden findet man Verse oder Sprüchwörter. Man muss Deutsch verstehen, um deren richtige Bedeutung zu erfassen. Beim ersten Platz findet man an den Wänden Hüte- und Kleiderhaken, darüber in grosser Schrift ein Preisverzeichnis der Dinge, die erhältlich sind. Anscheinend bevor¬ zugt wird die Ankündigung der einzelnen Biersorten. Ein Glas Bier kostet einen Groschen, der gewöhnliche Preis über¬ all. Tee oder Kaffee 25 Pfg., speziell für jeden zubereitet. Höfliche An¬ kündigungen fordern Damen mit grossen Hüten auf, sie zum Komfort der anderen abzulegen. Vergessen sie es zu tun, werden sie mit peinlicher Höflichkeit hierzu aufgefordert, direkt oder durch Vermittlung des Angestellten, was ge¬ wöhnlich wirkt, wofür den Damen für ihre Rücksicht von ihrer Herrengefolg¬ schaft momentaner Dank wird. An¬ kündigungen sieht man von der Polizei für die Sicherheit des Publikums, ent¬ haltend die Warnung, an Damen, sich langer ungeschützter Hutnadeln zu be¬ dienen. Schliesslich, doch nicht zuletzt in manchen Theatern die imperative Ankündigung, dass die Polizei das Rauchen streng verbietet. In manchem Theater sind 1-2 Reihen am ersten Platz für einen kleinen Mehrbetrag reserviert, selten teurer wie 1 Mark, hier haben die Damen aus irgend einem Grunde die Hüte nicht abzunehmen. Manche tun es freiwillig, aber dies ist eine Seltenheit. Die nette, gesunde Riesin vor mir, die endlich ihren fürchter¬ lichen Hut abgenommen hat, lächelte, dass man rot werden könnte, ich aber stand nach deutscher Art auf und er¬ widerte vor allen Anwesenden den Gruss. Niemand schenkte die geringste Achtung diesem internationalen Spiel alltäglicher Höflichkeit in einem Kino. Der Kellner kam herangeeilt mit einem Tablett voll bestellter Dinge, sein Schnurrbart hatte beide Enden hoch, fast bis zu den Backenknochen reichend Das kleine Orchester spielte nach einer amerikanischen Melodie ein beliebtes Potpourri aus deutschen Musikklassikern Die Musik ist zu Ende. Alles ist ganz still. Plötzlich gehen die Lichter aus. Eine sehr komische Szene wird auf der Leinwand gezeigt. Die Musik passt zur Gelegenheit. Der Kellner kommt und ruft, da er vergessen hat, wer den Kaffee bestellte, „Ein Kaffee!“ und liefert ihn getreulich ab. Das komische Bild beginnt und die stillen Begebenheiten an der Wand gleichen der Kirchenstille der Anwesenden. Früher am Abend würde das gleiche Bild in der vordersten Reihe das Erstaunen eines Kindes laut werden lassen, doch jetzt nach 9 Uhr sind alle Kinder heim¬ gegangen, laut polizeilicher Verordnurg haben die Erwachsenen freie Hand. Zu¬ letzt kommt der Schlager mit dem ewigen „menschlichen Ureieck“, bei dem das militärische Element vertreten ist. Der Film wird in 3 Teilen gezeigt. Der volle Saal enthielt sich jeder Beifalls¬ oder Missfallens-Bezeugung, die Gegen¬ wart der Anwesenden bewies genügend Liebe zur deutschen Armee, vielleicht auch in zweiter Reihe Sympathie nit dem Weibe. Oie Lehrer und das Kino. Fragen Eltern einen Lehrer, wie er mit ihrem Kinde zufrieden sei, so heißt es gewöhnlich, das Kind sei brav, artig, fleißig, aber -. Dieses „aber* bleibt nicht aus, es durfte auch am Elternabend in Enders Festsälen in Weißensee nicht fehlen, als Borm über den Kinemato- graphen sprach. Wir haben schon kurz darüber berichtet, übergingen dabei das dem Kino in Gegenwart der Kinder gespendete Lob, denn wir kennen nur ein solches: wenn Fabrikanten, Verleiher Und Theaterbesitzer gute Geschäfte machen. Es wurde erwähnt, daß das Kinogewerbe mit Millionen arbeite und mit Kindern von Millionären befaßt man sich besonders eingehend. Man will das Kino endlich, wie wir hörten, der Schule dienstbar machen, nachdem das Ausland schon längst erkannt hat, welch gewaltiger Kulturträger es ist und man seinen Wirkungskreis überall amtlich erweitert. Man will die nicht greifbare Kinder¬ seele, die Objekte der Erzienung vor den Gefahren des Kinos schützen und dazu begehren die Lehrer der Unter¬ stützung der Eltern, den Kinoleuten es verübelnd, daß diese sich ihrer .Gegner“ erwehren wollen. Nicht das Tneater des Volkes, sondern das Theater der Armen wurde das Kino dort genamt, dessen Schilderung aus der Fachpresse verlesen wurde, der beste Beweis, daß die Kinobranche sich dessen vollbewußt ist, woran sie derzeit noch leidet. Die Erholung nach des Tages Last kann | man nicht leugnen, man gesteht, daß der Kino die köstlicne Gabe besitzt, die 1 Leute lachen zu. machen, aber statt in jenen Fällen,-wo Kinder sich allein über¬ lassen bleiben, sei es Daheim, sei es anf der Straße oder im Kino, den Eltern Fnftcttoat AcUta-ttstllscMt „l/a/ao", FnaUiuta.il., Kalsentr. M.