Licthbild-Bühne (December 1911)

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Seite 8 L - B - B Nr. 50 Die Ereignisse der letzten Woche. Das Weihnachtsfest vor der Tor; Hü] as nervöse Hasten und Jagen-nach D Broterwerb, der Kampf um die Erhaltung der Existenz, der das ganze Jahr hindurch Woche für ■ ■«■I Woche mit immer gleich blei¬ bender Intensivität geführt werden muß, wird auch in der Weihnachtszeit mit seinen vielerlei Vorbereitungen und Nachwirkungen nicht eingestellt, trotzdem Weihnachten ein Fest der Liebe und des Friedens sein soll. Man möchte beinahe behaupten, daß der Arbeitseifer sich jetzt verdoppelt, der Brotneid stärker hervortritt, die Gegensätze sich noch mehr verschärfen, die Liebe und Brüder¬ lichkeit auf ein Minimum herabgeschraubt werden und der Hass blüht und gedeiht, mehr denn je. Auch bei uns Kinematographenleuten riecht es jetzt wenig nach Tannenduft und Weihnachtsfrieden, denn der Kampf tobt wieder auf der ganzen Linie mit großer Erbitterung, und unsere Wider¬ sacher und Feinde sind sehr eifrig an der Wühlarbeit. Allerdings hat man jetzt Zeit, sich darüber zu ärgern, denn die Geschäfte gehen naturgemäß vor Weihnachten schlecht, sintemal die Leute in ihrer Geschenksucht, die jetzt Mode und eigentlich nur ein Austausch von Werten ist, nicht mal den Kinogroschen mehr übrig haben. Allenthalben werden große Weihnachts- Kinder-Vorstellungen nachmittags arran¬ giert; meist hat das Film-Programm zwar mit der Christnacht nichts zu tun, aber dafür blüht das Unwesen der ,5 Pfennig- Eintrittspreise wieder doppelt stark. Wir wollen aber jetzt ebenso wie weiland Christus den Mantel der Barmherzigkeit, und des Verzeihens über diese minimale Bewertung der stolzen Erfindung der Kinematographie decken und das kom¬ mende Friedensfest nicht noch illusorischer machen. Diesmal fällt der 24. Dezember als Heiligabend auf einen Sonntag. Es wäre aus Gründen der Humanität und auch praktischen Geschäftsgeistes besser, wenn an diesem Tage überhaupt nicht gespielt wird, denn das Geschäft wird doch mehr als wie nur minimal, die Kino-Angestell¬ ten können an dem Tage Weihnachten Idem und außerdem macht es beim Publikum einen guten Eindruck, wenn aus dem Orunde der Prinzipal am Tage des Heiligabend die Theatertüren ge¬ schlossen hält * * • Dm geplante Theatergesetz. ln Bühnenkreisen ist man jetzt mobil; man will die Theaterarbeit reglementieren und ihr den Segen eines Reichstheater¬ gesetzes zukommen lassen. Zu diesem Zweck finden bekanntlich zur Zelt die vorbereitenden Kommissions-Beratungen seitens der speziell daran interessierten Berufsgruppen statt, die natürlich nur einen rein informatorischen Charakter tragen. Wir haben darüber schon in der vorigen Nummer berichtet. Die Ta¬ gesordnung ist ausserordentlich reich¬ haltig und drucken wir sie an dieser Stelle hier ab: Beratungs-Plan für die Besprechung der rechtlichen Verhältnisse bei Theaterunternehmungen, Schaustellungen, Musikaufführungen und sonstigen Lustbarkeiten. 1. Oeffentllch rechtliche Verhältnisse. A. Theaterunternehmungen (§ 32 Gew.- Ordnung). 1. Beschaffenheit und Lage der Räume. 2. Nachweis der erforderlichen Mittel, Sicherheitsleistung. 3. Nachweis der Zuverlässigkeit. 4. Erlaubnis für Betriebe, die sich nicht auf bestimmte'Räume be¬ schränken. a. Geltung der Erlaubnis für das ganze Reich, b. Erteilung der Erlaubnis auf Zeit, c. Notwendigkeit einer besonderen Polizeilichen Genehmigung Ver¬ sagung nur zulässig, wenn a. die Räume den polizeilichen Anforderungen nicht ent¬ sprechen, b. wenn kein Bedürfnis vor¬ handen ist. 5. Gültigkeit bereits erteilter Conzes- sionen für gewisse Betriebe (Ziffer 4) zu begrenzen. 6. Vorschriften im Intresse der guten Sitten, des Anstandes und der Gesundheit in Anlehnung an § 120 a bis 120 e Oew.-Ordnung. 7. Vorschriften über Befugnisse, Ver¬ pflichtungen, den Geschäftsbetrieb. a. Der Theaterunternehmer. b. Der Agenten, welche die Auf¬ führung von Bühnen- und Mu¬ sikwerken vermitteln. B. Veranstaltungen gemäß § 33 a der Gewerbe-Ordnung. 1. Vorführung von Tieren, phono- graphische und klnumatogra- phlsche Vorführungen (Zusatz zu § 33 a). 2. Zuverlässigkeit der Unternehmer. 3. Vorschriften über Beschaffenheit und Lage der Räume. 4. Nachweis der Mittel, Sicherheits¬ leistling. 5. Widerspruchsrecht der Ortspolizei¬ behörde. 6. Tingeltangel. 7/ Vorschriften gemäß A, 6 und 7 a. C. Verhaltungen gemäß § 33 b Oew.- Ordnung. 1. Schaustellungen, Theater-Vor¬ stellungen, Lustbarkeiten. 2. Musikaufführungen. D. Einheitliche Instanzen für die Ent¬ scheidung der Frage über das Vor¬ liegen eines höheren Interesses der Kunst oder der Wissenschaft. Mit¬ wirkung von Sachverständigen¬ kommissionen. E. Untersagungsmöglichkeit für tama- tischen und Gesangunterricht wegen Unzuverlässigkeit. II. PrlvatrecMllche Verhältnisse. 1. Schriftlichkeit der Verträge. 2. Abhängigkeit der Verträge von der Konzession. 3. Kündigungsfristen. 4. Kündigung aus wichtigen Gründen. 5. Gastspielvertrag mit unterlegtem Engagement. 6. Konkurrenzklausel. 7. Urlaub zum Aufsuchen eines Engagements. 8. Krankheitsfürsorge. 9. Ordnungsstrafen. Hausordnung. 10. Kostümlieferung. 12. Beschäftigung an Sonntagen und während der Nachtstunden. Man sieht also, daß die Bühnenver¬ hältnisse und alles, was damit zusammen¬ hängt, ziemlich viel komplizierte Rechts¬ fragen zu lösen stellen und der Wunsch nach einem Theatergesetz ist wohl ver¬ ständlich. Auch das Stiefkind des all¬ gemeinen Rechts, die Kinematographie, ist dabei nicht vergessen. Die Kinemato- graphentheaterbesitzer haben sich nun bemüht, durchzusetzen, daß auch Ver¬ treter der. Lichtspielbranche zu den Be¬ ratungen über ein Reichstheatergesetz zugezogen werden. Zu diesem Zweck hat sich eine Deputation bestehend aus der s. Zt. gewählten 15 Commissionen des Bundes Deutscher Klnematographen- Theaterbesitzer - Vereinigungen an den Dezernenten Regierungsrat v. Glasenapp gewandt, das Kinematographentheater in; das geplante Reichstheatergesetz hinein¬ zuziehen. Dieses aber soll nach der Absicht der Reichsbehörden in erster Reihe der Hebung der Stellung der Bflhnenmitglieder dienen und den Auswüchsen begegnen, die sich aus der Direktionsführung unge¬ eigneter Elemente ergeben, haben. 0* aber bei den Filmtheatern Schauspieler selbst nicht in Frage kommen, so ent¬ falle auch jeder Grund, sie im Theater¬ gesetz einer reichsgesetzlichen Regelung zu unterwerfen. Alle Anträge auf Be¬ teiligung der Kinematographenbesitzer an den Vorbereitungen zum Reichs-