Licthbild-Bühne (May 1912)

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Seite 12 L • B • B No. 18 Elektrisches Licht gibt es nur in Großstädten, aber das Publikum ist auch mit Kalklichtvorführungen zufrieden. Films haben einen Einfuhrzoll von einem Zehntel des Wertes zu erdulden, der zum größten Teile zurückvergütet wird, wenn sie innerhalb eines halben Jahres wieder exportiert werden. Im übrigen werden Films mit 400 Piaster pro Kilogramm bewertet, also etwa 80 M. Eine Einschränkung des Betriebes kann jeder Polizist bewirken, er hat nämlich das Recht, jedes Bild, was ihm nicht gefällt, von der Ausführung aus¬ schließen. Allein jeder Europäer weiß, **'was die unendlich vielen türkischen Polizisten vom „Backschisch“ halten und wenden lieber dieses Mittel an, als gegen die Verfügung des All¬ gewaltigen zu protestieren, was unnütz bliebe. Der Wali ist einer Logik oder Beweismitteln unzugänglich, er be¬ stätigt, was der Polizist verfügte. Da¬ her kommt es, daß Films, die ander¬ wärts anstandslos gezeigt wurden, auf ein polizeiliches Machtwort hin vom Programm verschwinden müssen. Wer klug und weise ist, weiß solchen Befehlen vorzubeugen, nachträglich hilft nichts mehr. Die Kinobesitzer wissen das, die Geschäfte gehen gut, der Polizist soll auch leben und darum sind alle zufrieden mit diesem Zu¬ stande der Dinge. Nur wenn sich ein Zuschauer beklagen sollte, wird eine Verfügung erlassen und dies sind euro¬ päische Besucher, denn die Türken bringt schwer etwas aus ihrem Gleichmut. Daß aber Films vom derzeitigen Kriege nicht eingeführt werden dürfen, ist eine weise Vorsicht der neuen Re¬ gierung; das Kino, das die Italiener im Kampfe mit den Türken zu zeigen wagte, liefe Gefahr, vom patriotischen Fanatismus eingeäschert zu werden. Interessant ist das Benehmen der Türkinnen in den Kinos, die zumeist aus ihren Harems bisher nicht heraus¬ kamen und nun verschleiert zwar, aber voller Leidenschaft dem ihnen völlig Neuen folgen. Und wer die Neugierde der Frauen zu erwecken weiß, der kann auf ihren Zulauf rechnen, nicht nur im Reiche des Padischali. In Russland. Eigentliche Kinotheater giebt es fehr wenig in Rußland, immer hängt etwas Variete daran. Dem Prinzipe treu, das Befte foll immer zuletjt an die Reihe kommen, bilden die „lebenden Photo¬ graphien“ die Schlußnummer folcher Vorftellungen, aber nicht etwa, um den Publikum Anlaß zu geben, die Lokale vor Schluß zu verlalfen. Manche Kino¬ theater reihen ihrem Programme 3-4 Varieteattraktionen an und dem Ge- fchmack der Menge ift gehuldigt. Denn der Ruhe liebt Amüfement und Zer- ftreuung, fo daß in St. Petersburg über 200 Kinematographen täglich arbeiten, während in jeder kleinen Stadt an 4 bis 5 Orten Films vorgeführt werden. Und da vom Variete immer etwas da¬ bei ift, find die Petersburger Kinos mit einer Pracht eingerichtet, an die Kinos anderer Länder fthwer hinanreichen. Eines der fchönften ift das Uraniatheater in Lodz, mit einem etwa 1000 Meter umfalfenden Kinoprogramm neben Attraktionen. Die Hauptanziehungskraft aber bildet fein Wintergarten mit exo- tifcher Flora und herrlichen Lauben- nifdien, die als Foyers zu den Logen dienen. Daneben brodelt in der Vor¬ halle immer der Teekeffel, der in keinem Kino „fehlt“ und deffen Inhalt den Be- fuchern nach Belieben frei zur Verfü¬ gung lieht. Trofc der hohen Leihgebühren für Films macht man hier gute Gefchäfte. Ein Programm von 1200 Meter koftet 15 Rubel (M. 31.50) pro Tag Miete, hierzu kommt noch die Poftgebühr von 42 Kopeken (85 Pf.) pro 5 Kgr., bei Eilpaketen 1 Rubel 25 Kopeken (M. 2.63) Die Telegramm - Gebühr beträgt 5 Ko¬ peken (15 Pf.) pro Wort bei 25 Kope¬ ken (52 Pf.) Grundtaxe extra. Den meiften Beifall finden in Rußland Dramen, die zumeift Wochen vorher hier gezeigt werden, wie bei uns. Der Beifall gibt fich in Zurufen kund, die gefteigert oft lärmenden Charakter haben. Außerdem wird die recht bal¬ dige Wiederholung gefallender Bilder verlangt. Die Preife der Pläfce entfprechen dem Varietecharakter, ein Logenfifc koftet 4-5 Rubel (M. 8.40-10.50), der erfte Plaft 1 Rubel (M. 2.10), der lebte Plab 30 Kopeken (63 Pf.), der lieh zu¬ meift auf der Gallerie befindet, wenn dort nicht Stehpläbe für 7 Kopeken (15 Pf.) referviert find. Sehr ftreng wird das Kinderverboi gehandhabt. Ihre Anwefenheit in einem Kino nach 7 Uhr abends, kann zu einem polizeilichen Strafmandat von 300 Rubel (M. 630.- führen!) Auch die Filmzenfur ift eine ftrenge. Politifdie oder gar revolutionäre Sujets würden die Deportation nach Sibirien für den Eigentümer des Kinos, aber auch für deffen Angeftellte bedeuten. Der Zar ift kein befonderer Freund des Kinos; er genehmigte Kino - Aufnahmen von fich und der kaiferlichen Familie, aber Vorführungen vor ihm find eine Selten¬ heit und finden nur im Badeorte Zalla am Schwarzen Meere ftatt, wenn die Zarenfamilie fich dort aufhält. Daß zu dielen Vorführungen kein Unberufener Zutritt erhält, ift felbftverftändlich. Die höchften Gälte bei öffentlichen Vorfüh¬ rungen in Zalta find die Emire der Bachara und von Kluwa. Gewöhnlich wird als Schlußbild ein Film genommen, zwei Bäuerinnen in Nationaltracht zeigend, die Blumen ftreuen. Und aus den Blumen bilden fich die Worte: Schluß oder Gute Nacht, natürlich in ruffifcher Sprache Von den hervorragendften Kinos feien genannt: in Baku Theatre Phäno¬ men und Odeon, in Csorni-Gorod Theatre Illufion Max, von feltener Pracht, in Mogilew: Theatre Lux, Mirage. Expreß, in Nikolajew Theatre Illufion, Olympia, in Tiflis: Apollo-Mufen-Theater u. a. m ▼ ! Cnbe lüai = erscheint Die „i £xport=F!usgabe H.b.\