Licthbild-Bühne (June 1912)

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Seite 20 L • B • B No. 23 keit kennen zu lernen, sich über Fa¬ brikationszweige, über gewerbliche Tätigkeit zu unterrichten, heute einen übersichtlichen belehrenden Einblick in das ihm bisher unbekannte Gebiet der Tiefseeforschung zu erhalten, morgen in ein Bergwerk einzufahren, fremde Länder und die Art ihrer Be¬ wohner kennen zu lernen u. a. m. Zum Schluß! Der Herr Artikel¬ schreiber tadelt die Bildererzählungen, die ohne moralische Wirkung seien, trotzdem sie an sich nicht unmoralisch wären. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle eine Untersuchung da¬ rüber anzustellen, welchen Effekt die sogenannten Bildererzählungen tatsäch¬ lich in dem Beschauer auslösen, und diese Untersuchung würde auch reelle Ziffern schwerlich ergeben, solange wir noch keinen Apparat zur Ab¬ messung psychischer Eindrücke und deren Folgen auf die Moral haben. Zwei Dinge sind aber heute schon klar festzustellen: bei Vergleichung der Wirkung von Theater- und Kino¬ stücken würde der Zeigereines solchen existent gedachten Apparates in neun¬ zig von hundert Fällen der Effekt der Theaterstücke (von heute) auf den Zuschauer niedriger graduieren, und an diesem Stillstand ist doch gewiß nicht wieder das Kino schuld, sondern lediglich die Darbietung des Theaters. Ein Zweites: hält man es für ein Be¬ dürfnis zu reformieren, dann refor¬ miere man den Geschmack des Publikums und nicht den des Kino¬ besitzers. Dieser gibt nicht, was er Lust hat, sondern muß geben, was verlangt wird, und wenn der Herr Artikelschreiber den neutralen Ge¬ schmack des Publikums so¬ weit gebildet hat, daß es die heutige Produktion des Kinos nicht mehr goutiert, sondern sich in der¬ selben geläuterten Geschmacksrichtung befindet, wie er, dann wird er nicht mehr nötig haben, gegen die Kinos zu schreiben, denn dann bringt der Kino nur das, was — er will! * * * Wir schließen hiermit die Wieder¬ gabe der Aeußerungen über Wert und Unwert des Kinos und können als Re- sume nur der Ansicht Ausdruck geben, daß wir unbekümmert um ja oder nein vorwärtsschreiten werden und täglich weitere Siege, nie aber Niederlagen zu verzeichnen haben. Die Rache einer Tageszeitung. Der „Oberschlesische Kurier“ und seine gerechte Abfuhr. “*** err Fred Berger, Kinobesitzer in H Kattowitz, führte den anläßlich der Titanic-Katastrophe von der .... Firma Gaumont herausgegebenen Film in stimmungsvoller und würdig einwandfreier Form seinem Publikum vor. Der „Oberschlesische Kurier“ fühlte sich darauf bemüßigt, folgende geistvolle Auslassung eines Zeitungs-Schmocks zu veröffentlichen: Die Höhe. — „Mache Geld auf anständige Art, wenn du kannst, aber — mache Geld!“ Wer wäre wohl eifriger beflissen, , diesen Rat eines Vaters an seinen Sohn auszu¬ führen, als die Kinos? Ein jedes Er¬ eignis muß ihnen dazu dienen, die Kassen zu füllen; das gräßliche, das furchtbare, das ungeheure sogar. Das Publikum will überall „dabei gewesen sein“. Es ist ein ewiger Hans, der das Gruseln nimmer lernt. Es sieht die „Titanik“ ausfahren. Es sieht dann einen „Eisberg“. Es sieht schließlich die „Karpathia“ mit den Geretteten der „Titanic“ in den Hafen von Newyork einlaufen. Und da kann es sich am Ende einbilden, „mit da¬ bei gewesen“ zu sein, das Furchtbare mit erlebt zu haben? Nein, da muß es, wenn es nicht ganz damisch ist, doch merken, daß es geneppt worden ist. Und so sind jetzt auch die Eis¬ berge“ von den Films verschwunden. Es war nichts zum Gruseln daran; es zieht nicht mehr. Jetzt aber ist ein neuer „Clou“ gefunden, um Geld zu machen. Das verehrte Publikum wird gebeten, mitzusingen — im Kino! - „Näher mein Gott zu Dir“, das Lied, das die Kapelle der „Titanic“ spielte, als sich das Schiff zu dem grausigen Absturz in die Tiefe neigte. „Näher mein Gott zu Dir!“ Die englische Hymne, welche die Schiffskapelle beim Untergang der „Titanic“ angesichts des sicheren Todes spielte, bis das Schiff von den eisigen Fluten des Ozeans ver¬ schlungen wurde, wobei bekanntlich sämtliche Mitglieder der Kapelle den Tod fanden. Jeder Besucher erhält den Text des Liedes gratis. So schreit die widerwärtige Reklame. „Mache Geld - mache Geld - mache Geld!“ Vorzugskarten sind gänzlich ungültig! Der Vorzug, diese Kino-Ab- geschmacktheit mitmachen zu können, muß gehörig bezahlt werden. Recht so! Strafe muß sein! Wer so arm ist, daß er sich derartiges bieten läßt, kann es gar nicht teuer genug büßen. Und der Taschendieb, der sich etwa in diesem Milieu ergreifen läßt, erhält sicherlich vor jedem Richter mildernde Umstände zugesprochen.“ Diese unerhörte Anpöbelung blieb natürlich nicht unbeantwortet und in glänzender Weise erlitt der Schmäh¬ artikel seine gerechte Abfuhr. - Der an¬ gegriffene Kino-Inhaber brachte als Er¬ widerung folgenden Artikel: Noch stehen wir alle unter dem Eindruck der furchtbaren Titanic- Katastrophe; doch wieviel Nieder¬ schmetterndes dies Ereignis auch hat, so erbaut man sich doch, wenn man liest, wie heroisch sich die Mitglieder der Schiffskapelle in das unvermeid¬ liche Schiksal fügten und eine tiefe Ergriffenheit erfaßt denjenigen, der sich im Geiste vorstellt, wie hunderte auf dem weiten Ozean mit dem Tode rangen, wie das Schiff mehr und mehr sich ins Wasser senkte und angesichts des sicheren Todes die frommen Weisen der Schiffskapelle „Näher mein Gott zu Dir!“ über das Meer brausten! — Wie vielen ist diese herrliche Me¬ lodie ein Sterbelied geworden, wie vielen, mit den eisigen Fluten Ringen- L