Licthbild-Bühne (June 1912)

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Seite 6 L • B - B No. 25 teressen, die sie verfolgt, aus dem Grunde verfaßt worden, um vorzudringen bis zu den Quellen, wo die Gesetze gemacht werden. Die Denkschrift soll den Kine- matograph, als gefährlichen Konkurrent des Theaters, aus der Welt schaffen. Der Verfasser der Anklageschrift hat im Aufträge des „Bühnen - Vereins 11 den Kine- matograph zu verunglimpfen gehabt und diese Arbeit ist ihm glänzend gelungen. * * * Die Freunde und Kenner des Kine- matographen werden diesen brutalen Keulenschlägen nicht Gewalt entgegen¬ stellen, sondern mit ehrlichen, geistigen Waffen kämpfen. Wir werden auch diese unerhörte Attacke durchhalten können, denn ein Millionenvolk steht hinter uns und schart sich um uns. Die Denk¬ schrift ist die verschleierte Bankerott¬ erklärung der heutigen Bühne und gleichzeitig auch das stolze Hohelied von der Macht der kinematographischen Kunst. Weit ausholend, zurückreichend bis ins 16. Jahrhundert, entwirft der Ver¬ fasser ein Bild der Geschichte der Bühnenkunst. In Ehrfurcht vor derTradition verlangt er heute noch für das Theater dieselben Rechte, die es früher hatte und vergißt ganz, daß sich die Gesetz¬ gebung den im steten Wandel befind¬ lichen Zeitverhältnissen anzupassen hat. Wenn z. B. das früher ziemlich lockere selbstgeschaffene Recht des mittelalter¬ lichen Kaufmanns heute noch zu Recht bestehen würde, dann wäre es traurig bestellt um unsere Rechtspflege. Daß aber die Kunst der Bühne schon immer auf schwachen Füßen gestanden hat und nicht erst seit Erfindung der Kinemato¬ graphie, gibt ungewollt der Verfasser in folgenden Ausführungen kund: „Ganz allmählich, aus kleinen An¬ fängen jämmerlicher Wandertruppen des 16. Jahrhunderts hat sich das deutsche Theater unter dem Schutze der Fürsten und der Städte zu einer Blüte entwickelt, die in keinem Lande der Welt erreicht worden ist. Seit in der Mitte des 18. Jahrhunderts die ersten stabilen Theater enstanden, seit den großen Hofbühnen die landesherrlichen Bühnen der kleinen Residenzen, den großen Stadttheatern, die Theater in kleinen und kleinsten Städten (sei es auch nur mit Städte¬ bund- und Wandertheatern) folgten, ist Deutschland an der Spitze aller Kultur¬ völker, das Land der Theater geworden. Nicht unbeträchtlich sind die Mittel, die für die Erhaltung und Pflege unserer Schaubühnen geopfert worden. Den sechs bis acht Millionen, die die deut¬ schen Fürsten aus ihrer Privatschatulle für ihre Bühnen alljährlich ausgeben, sind, wenn auch in weitem Abstand die Beträge zuzuzählen, die wenigstens ein Teil der Städte für ihre Theater be¬ willigen - die vielen Millionen endlich, die von privater Seite im Laufe der Jahre in Theater - Unternehmungen ge¬ steckt wurden, mögen hier unbeachtet bleiben, denn sie waren vielfach wer¬ bendes Kapital für Erwerbsgesellschaften. Aber auch sehr wichtig für die Fest¬ stellung, daß die deutsche Bühne ein unendlich bedeutsamer Faktor unseres staatlichen Lebens geworden ist.,, Unsere Entgegnung dazu lautet: Die deutsche Schauspielkunst reicht bis zum 16. Jahrhundert zurück. Sie braucht heute noch staatliche und städtische Subventionen, um kümmerlich zu leben, hat Mimenelend, Intriganten¬ tum und Rollenneid, leere Bänke und Freikarten. Der Kinematograph aber, erst einige Jahre alt, zählt Millionen zu seinen freiwilligen Besuchern, hat von oben herab keine klingende Liebe, sondern nur tödlichen Haß und wird nach vier Jahrhunderten keine Denkschrift not¬ wendig haben, um gegen das dann ehe¬ malige Theater mobil zu machen. In der Denkschrift wird dem Leser gewaltsam die Meinung beigebracht, als ob das Theater von heute die Kunststätte für jedermann, also arm und reich ist, denn nur so ist diese falsche Meinung aufzufassen, die in folgende Leitsätze zusammengefaßt ist: „Es erübrigen sich langatmige Aus¬ führungen über den Wert und die Be¬ deutung unserer Theater. Jeder Einzelne weiß, wieviel Existenzen von dem Büh¬ nenbetrieb wirtschaftlich abhängig sind, jeder Einzelne kennt die kulturelle Be¬ deutung unserer Theater, jeder Einzelne liebt die dramatische Kunst. In langen Jahren ist diese Liebe zum Theater und zu den Dichtwerken unserer Klassiker und Zeitgenossen gehegt und gepflegt worden, der heutigen Generation ist sie längst in Fleisch und Blut übergegangen und damit zugleich der Stolz über die machtvolle Entwicklung der deutschen Bühne. Mögen auch einmal Jahre des Rückganges kommen, wenn die dichte¬ rische Produktion schwächer wird, wenn der schauspielerische Nachwuchs nicht hochgestellte Erwartungen erfüllt, wenn wirtschaftliche Depressionen die allge¬ meine Lage trüben. - Die deutschen Theater haben sich immer widerstands¬ voll behauptet in pietätvoller Pflege überkommener Güter, in stets bereiter Empfangsfreudigkeit neuer Talente. Und allmählich ist so das deutsche Theater erwachsen, aus eigner Kraft hat es sich entwickelt zur Blüte, Schönheit und zur Größe.“ Der Satz: „Jeder Einzelne liebt die dramatische Kunst“, muß falsch sein, denn sonst wären die Theater ständig ausverkauft. Das Theater als Pflegstätte der Kunst hat sich selbst seine Grund¬ festen so stark erschüttert, daß die Misere schon lange vor der Erfindung der Kinematographie bestand. Darum ist auch die folgende Ansicht falsch: „Seit einigen Jahren ist ihm ein Feind erwachsen, dessen Bekämpfung energisch begonnen werden muß, wenn es nicht schon zu spät ist. Die Heimstätten der dramatischen Kunst sind in Gefahr. Ein geniales Wunderwerk technischer Er¬ findungsgabe bedroht sie: Der Kine¬ matograph.“ Jetzt folgt eine tiefsinnige Definition der Wesensart der lebenden Bilderkunst, die Herr Rechtsanwalt Dr. Artur Wolf K ondor-Film Ges. m. b. H. Wirkliche Sorgenbrecher sind unsere Berlin sw. 48, Friedrich.traBe 83S gemischten Programme mit Schlager. T.lflfon Nollar.dorf 4M. nnn Til.Qr.mm. Kondorfilm. 8 Sit DUChtll dtfl Preis — Wir tllfl dtfl RCSt. I