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No. 25 L • B ■ B Seite 15 bereitet ist und gewissermaßen flügge wird, wo die jungen Leute die Schule verlassen, von seliger Romantik erfüllt, da greift heute der Kientopp ein und nimmt der Jugend die Jugend weg, ihre Ideale, ihre Eseleien. Es soll nicht, es kann leider nicht bestritten werden, daß die Kinemato- graphentheater der Veranlagung der jetzigen Generation, nach schwerem Existenzkämpfe, Erfahrung in leichter, kurzweiliger und gedankenloser Unter¬ haltung; zu sorgen, entgegenkommt. Die im Zeitalter des Telephons und der Elektrizität überreizten Nerven verlangen Überreizte Sensationen, der Nervenkitzel wird gern gesucht und gern gewährt. Die Spekulation auf die Sensationslüstern¬ heit und die niedrigsten Instinkte ge¬ wisser Volkskreise bemächtigte sich rasch der aktuellen Ereignisse der Tages¬ chronik, mit besonderer Vorliebe der tragischen Szenen menschlichen Unglücks und des Zynismus der schwersten Verbrechen. Eisenbahnzusammenstöße, Schiffsuntergänge (selbst das furchtbare Unglück der „Titanic“ wurde verwandt, Abstürze von Fliegern oder dem unglück¬ lichen Erfinder des Fallschirmes, Kapital¬ verbrechen, Anarchistenkämpfe dürfen nicht fehlen. Dazwischen kamen die pikantesten Nummern; so entsteht ein Ragout von indifferenten, Aufsehen er¬ regenden und aufregenden Bildern, in beliebiger Mischung und in kürzester Zeit. Die dramatische Kunst kann natür¬ lich in erfolgreichem Wettbewerb mit dieser Vielfältigkeit nicht treten, die zur Devise die Goethe’schen Worte gewählt zu haben scheint: „In bunten Bildern wenig Klarheit, Viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit, So wird der beste Trank gebraut, Der alle Welt erquickt und auferbaut* Im schlechtesten Sinne freilich werden die Kinematographen - Theaterdirektoren der Weisung des großen Olympiers gerecht. Damit der Kinematograph noch des weiteren verunglimpft wird, müssen u. a. jetzt unsere Filmtitel daran glauben. - Man lese: Unterstützt wird die gebotene Sen¬ sation noch durch eine geschickte Fach¬ presse und eine marktschreierische Re¬ klame, die Auge und Ohr und Ge¬ schmack in gleicher Weise beleidigt. Grelle Lichter, bunte Bilder, lockende Namen künden die Stätte der Kinos an. Eine kleine Bühnenlese von Titeln mag hier Platz finden: „Die erste Nacht der Hochzeitsreise“. „Weiße Sklavinnen“. „Die Vampyrtänzerin“• „Die Schlange am Busen“. „Wenn Flauen lieben“. „Sklave der Liebe“. „Die Asphaltpflanze“. „Sündige Liebe“. „Das gefährliche Alter“. „Eine von Vielen“. „Verirrte Seelen“. „Brennende Triebe“. Wenn man die Titet der Theater¬ stücke zusammenstellt, die auf den Zetteln der meisten Vorstadtbühnen prangen, dann würde selbst der Theater¬ freund staunen. Jetzt geht der Sermon folgendermaßen weiter: Die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden, der Bruchteil wird aber wohl genügen, um darzutun, daß auch hier das Kino verheerend wirken kann, das deutsche Publikum wird nicht „empor¬ degradiert“, wie neulich etwas unver¬ ständlich ein glühender Verteidiger der Kinematographie sagte, sondern herunter¬ gebildet. Das geht sogar schon soweit, daß man vielleicht von einem Einfluß auf das Repertoire der deutschen Theater sprechen muß. Die Erziehung zum „Kientopp“ hat schon sc große Fort¬ schritte gemacht, daß manche Bühnen den neueren Geschmack durch möglichst leichte und seichte Kost Konzessionen machen zu müssen glauben. Wenn des¬ halb von Freunden des Kinematographen der Spielplan unserer Bühnen einer herben Kritik unterzogen wird, so mögen diese Herren nicht vergessen, daß gerade der Gegenstand ihrer Liebe schuld ist an den gerügten Zuständen, der so zärtlich behütete „Kientopp“.. Man beobachte, mit welcher Absicht- lichkeit der Ausdruck „Kientopp“ ge¬ braucht wird. - Traurig ist es, daß mit derartig niedrigen Mitteln gekämpft wird. Der Verfasser scheint jetzt aber selbst zu fühlen, daß die Kampfesweise den realen Boden verläßt, darum versucht er jetzt mit nüchternen Ziffern zu über¬ zeugen : Da die Kinematographen zum größten Teil gute Geschäfte machen, trotz der vielfach heißen, schlecht ventilierten, niedrigen Räume, werden andere Unter¬ nehmungen leicht auch wieder zu der alten Art der Reklame zurückgreifen, mit ihren plumpen Gedanken, grellen Farben, groben Mitteln. Der Erfolg entscheidet. Und den Erfolg der Kinos in Zweifel zu ziehen, wäre kurzsichtig und töricht. Gerade seine ungeahnte Größe zwingt ja zur Abwehr, sein Andauern schreckt selbst in unserer Zeit des ungehemmten Fortschritts, des oft gewaltsamen rest¬ losen Ausnützens eines guten Gedankens, einer ingeniösen Erfindung. Man betrachte einmal die folgende Statistik. Im Jahre 1900 gab es nach Werth (Oeffentliches Kinemathographen- recht) in 33 deutschen Großstädten ins¬ gesamt zwei ständige Unternehmungen, im Jahre 1910 in den gleichen Städten schon 480. Die Zahlen scheinen aber eher etwas zu niedrig genommen zu sein, denn dann würde sich in den letzten beiden Jahren eine so er¬ schreckende Vermehrung zeigen, daß selbst die schlimmsten Befürchtungen bei weitem übertroffen werden. So sind jetzt in Berlin etwa 300 Kinotheater in Breslau bei 520 000 in Frankfurt a.M.„ 420 000 in Elberfeld „ 180 000 in Halberstadt „ 45 000 in Jena „ *40 000 in Hannover „ 350 000 in Metz „ 60000 in Freiburg i.Br, „ 84 000 in Mülhausen „ 96 000 in Mainz „ 110 000 in Karlsruhe „ 134 000 in Straßburg „ 180000 in Mannheim „ 197 000 in Essen (Ruhr) „ 300 000 in Stuttgart „ 230 000 in Hildesheim „ 60000 Einw. etwa 40 Kinoth. „ „ 40 „ „ „ 9 „ n , 6 „ „ , 9 „ „ „ 40 „ „ „ 8 „ „ „ 4 „ , „ 9 n . . 4 „ . » 5 „ „ „ 5 „ „ „ 6 „ » - 7 „ . . 23 „ n n 5 „ Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß diese unendlich große Anzahl von ondor-Film Ges. m. b. H. BERLIN SW. 48, Friedrichstraße 235 T.lsfon Noll.ndorf 4*0. T.I.Bramm. Kondortilm. Wirkliche Sorgenbrecher sind unsere gemischten Programme mit Schlager. » Sie madien den Preis - wir tun den Rest. «