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Seite 34 L ■ B ■ B No. 38 Die neuen ab 1. Januar 1913 dividenden¬ berechtigten Aktien ‘werden von einem Konsortium zu 165 Prozent übernom¬ men und den alten Aktionären 1 : 3 zu 180 Prozent angeboten. Die Verwal¬ tung teilt mit, daß das in Kassel einge¬ richtete Theater gut ins Geschäft ge¬ kommen sei. Das gleiche erwartet die Verwaltung von den demnächst zu er¬ richtenden sechs weiteren Kino-Thea¬ tern, wodurch die Zahl auf 22 anwächst. In Berlin habe die Gesellschaft eine neue Fabrik für die Herstellung von Projektions-Apparaten errichtet. Auch der Erfolg der Internationalen Filmver¬ triebsgesellschaft m. b. H. sei bisher gut gewesen. Die Verwaltung rechnet für 1912 mit der Verteilung einer Dividende von 18 Prozent (wie i. V.). Die Mit¬ glieder des Aufsichtsrates erhalten nach einer ebenfalls angenommenen Statuten¬ änderung in Zukunft eine Vergütung von 10 Prozent vom Reingewinn, mindestens aber 1500 Mk. pro Mitglied außer Er¬ stattung ihrer Auslagen. Kino-Feuer in Berlin. Am 10. September, nachmittags, wurde die Feuerwehr nach der Köpe- nickerstraße 36-38 gerufen, wo durch Entzündung eines Films im Apparat¬ raum des Kinematographen-Theaters Feuer entstanden war, das aber sofort gelöscht werden konnte. Kinderbesuch in Züricher Kinotheatern. Durch Verfügung der Züricher Justiz- und Polizeidirektion dürfen seit dem 1. September Kinder nicht mehr zu den gewöhnlichen Kinematographen - Vor¬ stellungen zugelassen werden, auch wenn sie sich in Begleitung von Erwach¬ senen befinden. Der Besuch besonderer Kindervorstellungen ist den Kindern gestattet, wenn die Vorstellungen von den Behörden bewilligt sind und das Programm genehmigt ist. Herbstmanöver 1912. Die Tageszeitungen melden: Wie wir hören, sind auf Wunsch des Kaisers kinematographische Aufnahmen vom Kaisermanöver gemacht worden, und zwar von den besonders interessanten Momenten, so von den Kavallerie¬ attacken und den Brückenschlägen über die Elbe sowie den Uebergang der roten Armee. Der Kaiser hat sich über die Leistungen der Pioniere bei dem großen Uebergang über die Elbe sehr aner¬ kennend ausgesprochen. Diese Bilder werden demnächst zur Vorführung ge¬ langen. Reklame-Entgleisungen. Diese hängen wir sehr gerne tiefer. — Das Passage-Kino in Saarbrücken bringt den Film: „Der Kronprinz als Leibhusar.“ Im Zeitungs-Inserat leistet sich der Kinoleiter den byzantinischen Satz: „Seine Kaiserliche Hoheit hatte die Gnade, vier Stunden lang für diese Aufnahme exerzieren zu lassen.“ Die Konzessionsirage iür Kinotheater in Elsaß-Lothringen. Gegen das in No. 35 von uns ver¬ öffentlichte Urteil der Straßburger Ferienstrafkammer, nach dem ein Kino- Theater auch in Elsaß - Lothringen keiner Konzession bedarf, ist von der Staatsanwaltschaft Revision angemeldet worden. Jetzt erhalten wir die Nach¬ richt, daß die Staatsanwaltschaft diese Revision zurückgezogen hat. Somit bleibt es also bei der Entscheidung der Strafkammer, die sich ja auch mit dem Standpunkt deckt, den man allgemein hier in Preußen einnimmt. Die Schöneberger Steuer. In der am vergangenen Montag statt¬ gehabten Sitzung der Schöneberger Stadtverordneten kam die Petition der Kinobesitzer in Schöneberg wegen Auf¬ hebung der Ordnung über die Besteue¬ rung der Kinematographentheater zur Sprache. Der Referent, Stadtverord¬ neter E. Meyer, beantragte, die Ent¬ scheidung über diese vielumstrittene Steuer um ein halbes Jahr zu vertagen, um dann zu prüfen, ob die Steuer tat¬ sächlich eine zu hohe Belastung der Kinobesitzer ergebe, und ob eine Her¬ absetzung der Steuer angemessen er¬ scheine. Die Versammlung stimmte dem Antrag auf Prüfung zu. — Eine nette kommunalpolitische Taktik der Schöne¬ berger Stadtverordneten. Ein halbes Jahr werden die Theaterbesitzer die eingeführte Erdrosselungssteuer gar nicht durchhalten können. Und wenn soundsoviel an di-eser Steuer verblutet sind, wird dann von Gnaden der Stadt¬ verordneten die Steuer herabgesetzt werden, wenn es zu spät ist. Thalia in Konkurs. Unter dieser Ueberschrift plaudert der bekannte geistvolle Stylist und Theaterkenner Ludwig Bauer, Wien, in einem interessant und unterhaltend ge¬ schriebenen Artikel über den Tiefstand des Theaters und meint unter anderem: „Wenn die Thespiskärrner wie hypnoti¬ siert auf die überfüllten Kinos starren und neidisch vermeinen, jener Erfolg bedeute ihren Untergang, so irren sie, wie der Neid ja immer irrt. Das Kino steht unserer Zeit und unserem Leben näher, und aus seinem Siege hätte Thalia nur zu lernen, wie man wirkt. Einstweilen hat sie den Zusammenhang mit dem Fühlen von heute bedenklich verloren. Sie ist erstarrt. Die einen bemühen sich um eine Salonkomödie, während Deutschland noch heute keinen Salon hat, die anderen versuchen ihr Heil, indem sie das Enge, Gegenständ¬ liche, kleine Zustände und Menschen mit ängstlich phantasieloser Treue wie¬ dergeben. Dem Theater fehlen Bunt¬ heit und Weite äußerlich, die Beziehun¬ gen zu unserem Geiste innerlich. Neh¬ men wir nur die gemeine Gegenständ¬ lichkeit der Tatsachen, fassen wir, was der Tag uns zuträgt. Die Brüderschaft der Apachen geht auf Mordzüge und wird gejagt. Die „Titanic“ will den Weltrekord brechen und verschwindet in den Wellen. In welchen Stücken sind wir solchen Männern, solchen Gescheh¬ nissen begegnet? Das Kino kann we¬ nigstens ein äußeres Bild davon geben, und schon drängen sich dorthin die Leute. Die Kunst aber hätte uns mehr zu schenken als bloß das Sinnfällige, ihr gehören die tiefere Bedeutung des wil¬ den Treibens, seine verborgenen Ge¬ setze, die Klarheit im Tumult. — Was aber antwortet Thalia? Sie singt ein Automobilkouplet und verübt einen Apachentanz. Dies sind ihre Beziehun¬ gen zum Fortschritt. Allein nicht ein¬ mal ihren geringeren Aufgaben vermag sie zu genügen. Nicht wahr, wir er¬ sticken doch in Milieu-Komödien? Nun wohl, es ist festzustellen, daß kein Be¬ ruf, kein einziger, nicht der Arzt, nicht der Schauspieler, nicht der Kaufmann, nicht der Journalist bisher dramatisch eingefangen wird. Was sich bisher ver¬ suchte, das blieb an der Peripherie der Dinge, drang nie zu ihrem Wesen vor. Wir sind umgeben von Komödien und Tragödien — allein jenes Institut, das bestellt ist, ein Abbild des Lebens zu sein, weiß nichts von ihnen. Thalia hüpft ängstlich und beharrlich im Takt — und draußen erwartet sie der Ge¬ richtsvollzieher.“ Zur Stuttgarter Kinofrage. Die Stuttgarter Kinobesitzer, die sich bekanntlich eine Art Selbstpolizei geschaffen haben, mußten sich, wie wir bereits in voriger Nummer meldeten, die Anschuldigung seitens der Polizei¬ behörde sagen lassen, daß sie schlechte Wächter der selbstgeschaffenen Gesetze sind. Der „Verein der Württemberger Kinematographen-Theater-Besitzer“ er¬ widert jetzt auf diese Beschuldigungen. Er erklärt die Vorführung eines in Ber¬ lin und München auch für Erwachsene verbotenen Films in einer von Kindern besuchten Vorstellung mit Nichtzuge¬ hörigkeit des Besitzers zum Verein. In¬ zwischen sei der Besitzer beigetreten und habe sich verpflichtet, derartige Stücke nicht mehr aufzuführen. Zwei Mtiglieder — Besitzer kleinerer Kinos — wurden wegen Aufführung des Stücks