Licthbild-Bühne (October 1912)

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Seite 30 L • B ■ B No. 40 der Leinwand lebend sehen, Bilder der Wildnis, des Sklaventums, Elfenbein- Transport-Karawanen, die Wüste mit Pyramiden und Kamelen, arabischen Zelten, Bilder aus dem hohen Norden, Eskimos auf den Eisfeldern, den Wal¬ fischfang, wie die Welt in Wirklichkeit ist und war, werden dem Kinde in we¬ nigen Monden Wissen verleihen, wie dies durch das geschriebene Wort in ebenso viel Jahren nicht erlangen kann. Das ist der zukünftige Lehrmeister, dem manche der gegenwärtigen Lehrer darum nicht hold sind. Freilich heißt es, der Kinematograph lehre den Kindern auch Dinge, die sie nicht wissen sollen, daher die Feindschaft. Aber dieses Kriegspannier ist sehr löcherig, zer¬ schossen von den Projektilen des Le¬ bens. Denn was die Kinder nicht wissen sollen, erfahren sie im Leben durch ein aufgefangenes gesprochenes oder ge¬ schriebenes Wort dennoch, ihre Einbil¬ dung ist sich selbst überlassen und baut das Erfahrene auf, malt es we’ter, ganz anders, wie die Wirklichkeit ist. Unser Wissen ist Erfahrung, je mehr wir erfahren, desto gestählter sind wir im Kampfe des Lebens. Das Versteck¬ spiel vor den Kindern ist viel, viel ge¬ fährlicher wie die Aufklärung, deren Feinde doch nur die Schwarzen und Mucker sind. Das Kinobild gibt das Leben wieder, nicht übertüncht und nach bewährten Mustern zugeschnitten, son¬ dern in unverhülltem Realismus, in Wirklichkeit. Es hat keine anderen Grenzen, wie das gesprochene oder ge¬ schriebene Wort, das auch nicht unsitt¬ lich, unreligiös, staatsgefährlich sein soll. Was als so sehr gefährlich für die Kinder im Kinobilde verschrien wird, weil ein Schlagwort gegen den ,,Feind“ doch not tut, kann jedes Kind auf Schritt und Tritt im Leben sehen, mit noch viel ge¬ fährlicheren Begleitumständen oder aber verstohlen oder bruchstückweise, das größte aller Uebel. Wer das nicht ein¬ sieht, will es nicht einsehen, und des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Rasch ist die Presse bekehrt worden, sie ist dem Kino, den sie so befehdete, freundlich gesinnt. Ein Teil der Lehrer¬ schaft ist aus Selbstinteressen hart¬ näckiger, widerstandskräftiger; wie aber ein stetiger Tropfen Steine aushöhlt, wird der ständige Segen des Kinos auch ihrem Treiben ein Ende bereiten. Die Lehrer sind doch Miterzieher der Kinder. Und das Erziehen besteht doch in erster Reihe in der Unterweisung darin, wie das Kind sich benehmen, wie es handeln, denken und fühlen soll. Man sagt auch, die Erziehung bilde den Charakter, insoweit er nicht ererbt ist. Behindern wir das Kind hierin, so würde es scheinen, als wollte man das Kind schwimmen lehren, ihm aber dabei ein¬ schärfen, ja nicht zu nahe an das Wasser zu gehen. Jedes Kind hat Nachahmungstrieb, will seine Ideen in Taten umsetzen oder umgesetzt haben. Im Kindergarten lernt es, anderen nachzutun oder seinen Willen nach Möglichkeit zu verwirk¬ lichen. Im Spiele wird es an Vögel und Tiere gemahnt oder es darf Schneider oder Schuster sein. Auf der Schulbank ist es eigentümlicherweise damit vorbei, der natürliche Instinkt wird nicht weiter entwickelt. Sogar das Dilettanten¬ theaterspiel wird nicht gerne gesehen, wenn nicht gar untersagt. Nun soll es im Kino wieder an seine Instinkte gemahnt werden, horribile dictu! Da muß ein Riegel vorgeschoben werden. " Gerade weil das Kind die Kinobilder leicht erfaßt, sie versteht, in jedem Bilde etwas finden wird, das ihn interessiert, gewöhnt es sich daran, das Kino zu besuchen. Ins Theater dürfen sie nicht, nur zu Kindervorstellungen, nun soll dies auch beim Kino so sein. Es gilt ihr Auge und ihre Moral zu schützen, obwohl das Kino bereits für beides ge¬ sorgt hat. Es sieht stundenlang ein ganzes Programm. Just das Gefährliche soll an ihm haften bleiben? Eine Fluchtszene, Schießerei, Patriotismus, verbunden mit Tat und Ehrgeiz, das geht spurlos vorüber? Die Lust zum Sport, zum Militär, auch (wenn ein Bild danach ist) zum Studium geht nicht auf das Kind über? Sollte es wirklich nicht Manieren, oft moralischen Halt, den Wert von Mut und Kraft, Respekt vor dem Alter, Mit¬ leid mit der Not und dem Gebrechen, die Erkenntnis guter und schlechter Charak¬ tere aus den Bildern lernen können? Der Puritanismus in den Bildern würde nur Süßliches, Weichliches schaffen. Glaubt man, daß dies den Kin¬ dern bekommen kann? Philantropische und kommunale Vorführungen werden stets einseitig bleiben müssen. Geo¬ graphie, Geschichte, Literatur, ethische Ideale, alles kann den Kino in Dienst nehmen, aber eines darf nicht ausge¬ schieden werden: das Leben, die Wahr¬ heit, so wie das Kind sie allüberall sieht. Jene Kinos, wo die Schattenseiten über¬ wiegen, mögen gemieden werden, aber Kinos mit dem Schatten, nur mit dem Flittergold des „fachmännisch“ Ausge¬ wählten, würden nur Geisteskrüppel schaffen, aber keine Menschen aus den Kindern werden lassen, sie mit Lug und Trug umgeben, sie — falsch und schlecht erziehen. Gloria-Licbtscbild das beste aller Lichtschilder, bisher unerreichter Lichteffekt bei geringstem Stromverbrauch. Gleichzeitig vornehmes Reklameschild für Tageswirkung. Oscar Burkhardt, am. b, Frankfurt a m. Firmenschilder-, Lichtschilder- und Schaukasten-Fabrik. Elektrische Buchstaben. - ■ --- Wiederverkäufern höchster Rabatt. .--=. ■= .. , . -