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Seite 30 L • B ■ B No. 42 mädchen in rosa Festkleidern. Ihnen folgen in buntestem Gemisch allerlei Volk, Honorationen, Bürgersleut in far¬ bigen Fräcken mit ihren Frauen, zünf¬ tige Meister, derbe Bauerngestalten, ein Zug Soldaten, aber alle in der Tracht von Anno dazumals, als man 1793 Prinzeß Luise von Mecklenburg-Strelitz, die Braut des damaligen Kronprinzen von Preußen, feierlich äm Brandenburger Tor empfing. Als endlich die Ehren¬ jungfrauen und die Ehrenkompagnie in ihren blauen Schoßröcken mit dem ge¬ kreuzten Bandelier über der Brust und den Dreimastern Aufstellung genommen und die Tribüne sich mit dem altmodi¬ schen Publikum gefüllt hatte, ging bald ein stürmischer Jubel durch diese Ber¬ liner ,,von dunnemals“, der sich beson¬ ders dadurch auszeichnete, daß er — stumm war. Mit Hüteschwenken und einem Blumenregen wurde der von zopfigen Dragonern und Zietenhusaren eskortierte Galawagen begrüßt, in dem Prinzessin Luise ihren Einzug als Braut in Berlin hielt. Der damalige Bürger¬ meister in weißer Puderperücke und goldbetreßtem Staatsfrack trat an den Kutschenschlag, bewillkommnete die Prinzessin mit einer sehr gestenreichen aber stummen Ansprache, und unter den abermals stürmischen und ebenso stum¬ men Ovationen setzte die vierspännige Galakutsche ihre Fahrt fort. -- Dann war dieser bunte Spuk am hellichten Tag vorüber. Echt war nur der Gala wagen, braun mit Gold, derselbe, in dem noch die jetzige Kronprinzessin wie ihre Vorgängerinnen als Braut ihren Einzug in Berlin gehalten hat. Die Prinzessin Luise in der Staatskarosse war Fräulein Hansi Arnstedt vom königlichen Schau¬ spielhaus, die ihre stumme Rolle mit Grandezza und Grazie mit süßlichem Vergnügen durchgeführt hatte in dieser Pantomine, die mit bereitwilligster Hilfe des königlichen Obermarstallamtes, des Generalkommandos und des Polizeiprä¬ sidenten von Berlin inszeniert worden war für den patriotischen Film „Königin Luise“. Unter vielen scherzhaften Zu¬ rufen der Berliner von heute verschwan¬ den die Berliner von dunnemals, und die Menge verlief sich rasch, sehr belustigt über das ehrpusselige Schauspiel dieses lebendigen Kinemas.“ -]ir haben eine Woche der Praxis hinter uns, und noch immer hat sich am Gesamtbild nichts ver- 1 . . ■ ändert. Noch immer tobt in un¬ verminderter Stärke der Kampf beider Parteien weiter, und das Zünglein der Wage neigt bald nach der Konventions¬ seite, bald nach der konventionsfreien Seite. Die Theaterbesitzer haben int Laufe der letzten Jahre so viel Kämpfe durchgemacht, daß eine gewisse Kampfesmüdigkeit zu verzeichnen ist. Vernünftigerweise überlassen sie die Wahl, ob Konvention oder konventions¬ frei, einfach ihrem Verleiher und ver¬ langen nur gute Programme, die zug¬ kräftig sind für ihr Publikum. Die „Freie Vereinigung der Kino- Film-Fabrikanten“ hat jetzt einen Verpflichtungsschein für Theaterbesitzer herausgegeben, der folgenden Wortlaut hat: Ich verpflichte mich hierdurch: 1. ausschließlich Films der mir be¬ kanntgegebenen Mitglieder der Freien Vereinigung der Kino-Film- Fabrikanten, Sitz Berlin, vorzu¬ führen; Films anderer Herkunft aber weder zu erwerben, noch vor¬ zuführen, 2. die Films nur mit den Haupt- und Zwischentiteln zu zeigen und anzu¬ kündigen, welche vom Fabrikanten geliefert sind, und Aenderungen nur Die Konvention. mit ausdrücklicher Genehmigung des Fabrikanten vorzunehmen, 3. Schutzmarken oder sonstige vom Fabrikanten angebrachteMerkmale unter keinen Umständen von dem Film zu entfernen, 4. mir für jeden aufzuführenden Film eine Versicherung des liefernden Verleihers geben zu lassen, daß ihm das Aufführungsrecht für Deutsch¬ land von dem Fabrikanten über¬ tragen ist, und diese Erklärung während der Zeit, innerhalb welcher der Film vorgeführt wird, aufzubewahren und den Beauf¬ tragten der Freien Vereinigung der Kino - Film - Fabrikanten und des Fachverbandes Deutscher Film- Verleiher, Sitz Berlin, jederzeit vor¬ zulegen. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung räume ich den Film-Verleihern das Recht ein, geliehene Films ohne Entschädigung vor Ablauf des Leihvertrages zurück¬ zuziehen. Außerdem zahle ich für jeden Zuwiderhandlungsfall an den Inserate in der „G. B. B.“ haben den gröhten Erfolg. Fachverband Deutscher Film Verleiher, Sitz Berlin, ohne daß der Nachweis eines Schadens zu erbringen ist, die Summe von 300,— Mark (Dreihundert Mark) und billige dem Syndikus dieser Vereinigung das Recht zu, diesen Be¬ trag im eigenen Namen für den Fach¬ verband gegen mich geltend zu machen. An diese Verpflichtung bin ich je¬ weils für die Dauer eines Leihver¬ trages (Mietvertrages), welcher vier¬ wöchentlich zum ersten Freitag im Monat gekündigt werden kann, ge¬ bunden mit der Maßgabe, daß die Ver¬ einbarung jedesmal als auf 4 Wochen verlängert gilt, falls eine Kündigung des Leihvertrages (Mietvertrages) nicht erfolgt ist. Die Verpflichtung er¬ lischt nach ordnungsmäßiger Kündi¬ gung mit dem Ablauf des Leihver¬ trages (Mietvertrages). Sache der Theaterbesitzer ist es, ob sie diesen Verpflichtungsschein unter¬ schreiben oder nicht. Die Entschei¬ dung liegt eigentlich beim Publikum, denn dieses verlangt, und zwar mit Recht, ein gutes Programm. Aus diesem Grunde haben speziell die großen The¬ ater, welche mit äußerster Sorgfalt ihre Films zurechtstellen müssen, sich fast ausnahmslos, wenn auch notgedrungen, der Konvention anschließen müssen. Wir werden weiter abwarten müssen, wie sich die Verhältnisse entwickeln.