Licthbild-Bühne (November 1912)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

Seite 28 L ■ B ■ B No. 46 Herrn Prof. Dr. Brunner eine günstige Gelegenheit, für seine Lebensaufgabe, das Kino-Drama aus der Welt zu schaffen. Er bestieg mit dem ganzen Vollge¬ wicht seiner amtlichen Rüstung das Rednerpult und behandelte die Frage der gesetzlichen Maßnahmen zur Be¬ kämpfung von Schund und Schmutz in Wort und Bild. Der Vortragende machte inter¬ essante Mitteilungen aus seiner Praxis in der Bekämpfung der Schundlitera¬ tur und vor allen Dingen über die Zen¬ sur der Kinematographenfilms. Un¬ züchtige Schriften werden neuerdings mit besonders kräftiger Hand von der Behörde gefaßt. Aber bei vielen Arten von Volksvergnügen, die die Voraus¬ setzung der Unzüchtigkeit haben, fehle es an der Form, um gegen sie auf Grund des § 184 einzuschreiten. Die Behörden haben in vielen Fällen deshalb hier ver¬ sagen müssen, wo der anständige Mensch Anstoß nehme. Es liege aber die Schuld nicht an den Behörden. Die Staatsanwaltschaft I in Berlin hat sich zu einer Zentralstelle für das Reich und sogar für den internationalen Ver¬ kehr ausgebildet und sei in den letzten Jahren ganz besonders energisch gegen die unzüchtigen Schriften vorgegangen, wenn allerdings auch hier die Gerichte sehr oft versagt haben; denn man müsse noch sehr häufig mit einer gewissen Lauheit der öffentlichen Meinung und der Presse rechnen, die auch eine ge¬ wisse suggestive Wirkung selbst auf den objektivsten Richter ausübe. Je mehr aber die öffentliche Meinung er¬ starken werde, desto kräftiger werden auch die Urteile nach § 184 ausfallen, und es werde dann § 184 für eine ener¬ gische Bekämpfung der unzüchtigen Literatur und Darstellung vollkommen ausreichen. Den Wandertheatern und Wanderkinos, in denen oft das Unglaub¬ lichste geboten werde, ebenso dem Kol¬ portagevertrieb von Schundliteratur könnte weit schärfer zu Leibe gegangen werden. In Berlin werden entgegen den Bestimmungen sehr häufig selbst im allerlebhaftesten Straßenverkehr die periodischen Druckschriften oft unter den unzüchtigsten Anpreisungen ver¬ trieben. Hier müsse auch das Publikum mitwirken und die Behörden unter¬ stützen. Man sei kein- Denunziant, wenn man die Polizei auf derartige Schäden hinweise. Bei den Kinos sei als Mindestmaß zu fordern und zu er¬ warten, daß in allernächster Zeit eine Einordnung unter § 33a der Gewerbe¬ ordnung erfolgt, und zwar in der Form, daß die Kinematographenvorführun- gen ausführlich genannt werden. Da¬ mit ist dann gesagt, daß die Kinemato- graphen kein höheres Kunstinteresse darstellen. Man mag sie technisch noch so hoch einschätzen, aber von einer künstlerischen Weihe kann bei einem Kinodrama nicht die Rede sein. Daraus folgt dann auch, daß sie kon¬ zessionspflichtig sind und von der Be¬ dürfnisfrage abhängig gemacht werden. Sobald die Darbietungen gegen die guten Sitten verstoßen, kann alsdann nach § 33a die Konzession entzogen werden. Auch hier ist Klage zu führen, daß die Polizeibehörden von den Ver¬ waltungsgerichten im Stich gelassen werden. Das Berliner Polizeipräsidium hat noch alle Filmprozesse beim Ober¬ verwaltungsgericht verloren. Zum Bei¬ spiel den bekannten Boxerfilm-Pro¬ zeß. In einem Urteil heißt es: ,,Die Vorführung von Verbrechen über¬ schreitet nicht das übliche Maß.“ (Hört, hört!) Durch Landesgesetz müssen aus¬ reichende Zensurbestimmungen gegen¬ über Bildern und Plakaten verlangt werden. Schon im Gesetz müsse ein weitgehender Jugendschutz geschaffen werden. Redner teilt weiter mit, daß beim Berliner Polizeipräsidium neuer¬ dings in ernste Erwägung gezogen sei, daß allen jugendlichen Personen bis zum sechzehnten Lebensjahr nur der Besuch von Kindervorstellungen ge¬ stattet werden soll, und daß Kinder bis zum sechsten Lebensjahr überhaupt selbst in Begleitung von Eltern vom Besuch der Kinovorstellungen ausge¬ schlossen sein sollen. Wir werden wahrscheinlich auch eine sehr ausge¬ dehnte obere Exekutive für die Kinos bekommen. (Lebhafte Zustimmung.) Redner teilt dann mit, daß beim Poli¬ zeipräsidium weit weniger Films an sich verboten, als eine Reihe Einzel¬ szenen aus den Films herausgeschnitten werden. Es kommt aber sehr häufig vor, daß verbotene Films trotzdem ge¬ spielt werden. In Berlin gebe es Kinos, die schon um 10 Uhr früh beginnen, und die gewissermaßen als „Zuhälterkinos“ bezeichnet werden können, da sie fast nur von Zuhältern besucht werden, wel¬ che sich aus immer raffinierter wer¬ denden Vorführungen ihre ganze Weis¬ heit herholen. In Berlin sind im letzten Jahre 2000 Gastwirtschaften eingegan¬ gen. Man schreibt die Hauptschuld den Kinos zu. Das wäre wenigstens eine gute Seite der Kinos, Was die Frage des Kampfes gegen die Kinotheater durch kommunale und private Kon¬ kurrenzunternehmungen anbetrifft, so sei zu bedenken, daß in den Kinos der ganzen Welt ein Milliardenkapital an¬ gelegt sei. In Deutschland handele es sich um 3000 Kinotheater. Der Film, der an sich einen Leihwert von einer Mark pro Meter repräsentiert, wird nicht verkauft, sondern er wird durch untereinander vertrustete Verleihge¬ schäfte in einem Wochenspielplan ab¬ gegeben. Private und kommunale Musterkinos können daher nur Aus¬ sicht auf Erfolg haben, wenn eine große Anzahl von Gemeinden gemein¬ sam vorgehen, so daß sie selbst auch eine Macht und einen Verleihturnus unter sich bilden können. Wenn aber die Konzessionspflicht eingeführt ist, werden die Bürgermeister nament¬ lich in kleineren Städten es ja in der Hand haben, das Bedürfnis für ein Kon- kurrenzkino abzulehnen. Es werden dann infolge der schärferen Ueber- LUMIERE’S KINO-ROHFILM Negativ und Positiv perforiert und unperforiert *»*» Sofortige Bedienung jeder Queiitit zugeslohert ** Telegramm-Adresse: Lumiire, Mülhausenei» Lumiöre & Jougla, Mülhausen i. Eis.