Licthbild-Bühne (November 1912)

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Seite 30 L • B • B No. 46 wachung auch viele kleinere Kinobe¬ sitzer sehr gern bereit sein, ihr Kino von den Kommunen übernehmen zu lassen. Redner spricht dann den Wunsch aus, daß die Kinos, denen er an sich absolut nicht feindlich gegen¬ übersteht, ihr Hauptgewicht auf histo¬ rische Vorführungen, wie die Films der Königin Luise, Theodor Körners usw„ und auf humoristische Sachen legen, dagegen Schauerdramen und ähnliches vermeiden möchten." Herr Prof. Dr. Brunner verurteilt das Kino-Drama, spricht ihm jeglichen Kunstwert und jede Existenzberechti¬ gung ab, gibt zu, daß Bezirksausschuß und Oberverwaltungsgericht bisher stets der Zensurbehörde Unrecht ge¬ geben haben und hat dadurch offen er¬ klärt, daß die Zensurbehörde ungesetz¬ lich schaltet und waltet. Das wissen wir schon längst, und trotzdem wagt man es ungeniert weiter, das bestehende Recht zu beengen, um die geistige Fessel bei der Kinemato¬ graphie immer stärker anzuwenden. Wir sind nicht einverstanden mit den immer mehr zunehmenden Ueber- griffen der Zensurbehörde, mit der amt¬ lichen Tätigkeit des Herrn Prof. Dr. Brunner und lehnen dessen Richter¬ sprüche als befangen und dessen öffent¬ liche Stellungnahme als Amtsüber¬ hebung ab. Wir werden uns an die Oeffentlich- keit wenden, um dort unser Recht als gewerbetreibende Bürger zu suchen und ein Veto einlegen, da unsere Er¬ zeugnisse fortgesetzt unter Schmutz und Schund rubriziert werden. Es gibt geistvolle Männer der Oeffentlich- keit, die richtige Urteilskraft besitzen, und die Volkspsyche besser kennen und richtiger schützen als die Herren vom grünen Tisch, die fortgesetzt die gesetz¬ lich gezogenen Grenzen überschreiten. Auf der Pfaueninsel. E I® as ist so die rechte Stimmung ß zum Abschiednehmen! Wie wird einem das Herz schwer, wenn man, dieweil der Kahn langsam, feier¬ lich möchte man sagen, dem andern Ufer zustrebt, seine Blicke über das traumverlorene Eiland schweifen läßt. Das Laub an den Bäumen leuchtet in goldiger Pracht: Farbeneffekte, wie sie nur die Natur im Herbste zu schaffen vermag. Leise plätschern die Wellen des Havelstromes; nur ein Schwan folgt majestätisch dem leichten Kahn. Ueber- all herrscht tiefer Frieden! Auf dem sonst so belebten Wasser ist weit und breit kein Boot zu sehen, kein Dampfer läßt seinen warnenden Ruf ertönen, der Fährmann, der mich übersetzt, blickt träumerisch ins Weite. Herbststim¬ mung! Der Kahn hält; mein Fuß betritt ge¬ weihten Boden. Es war ungefähr um die Mitte des 17. Jahrhunderts, als Johann Kunkel von Löwenstern, der Alchimist des Großen Kurfürsten, die geniale Idee, Gold zu fabrizieren, in die Tat umsetzen wollte. Die alten Eichen schüttelten wider¬ willig ihre Häupter, als ihnen der Qualm in die Nase stieg; sie hatten wenig Mei¬ nung für Kunkels Verfahren. Kunkel braute,schmorte und gab sich die er¬ denklichste Mühe: Phosphor und Ru¬ binglas waren die Erzeugnisse seines Plauderei von Berthold Olsen. Laboratoriums auf dem Kaninchenwer¬ der, der späteren Pfaueninsel. Gold kam jedoch nie an das Tageslicht. 150 Jahre später! Wieder schüttel¬ ten die tausendjährigen Eichen ihre greisen Häupter, wieder standen sie vor einem Rätsel. Fröhliches Lachen hörte man auf der einsamen Insel. Luise war es, die mit ihren Kindern hier in den ersten Jahren ihrer Ehe oft und gern weilte. Wie jauchzten die Kleinen, wenn sie sich auf der Rutschbahn könig¬ lich amüsierten; wie fröhlich waren sie, wenn gar noch der Papa König ein Stündchen für sie übrig hatte. Waren sie müde vom Tollen, dann setzte sich Luise mit ihnen auf eine Bank, die man um eine besonders starke Eiche gebaut hatte, und erzählte ihren Lieblingen die Märchen des Volkes, während der König sinnend, an die Eiche gelehnt, da¬ beistand. Hier ging Luise so oft mit ihren beiden Aeltesten spazieren und* erzählte von den Heldentaten der Hohenzollern; hier legte sie die Saat in die empfänglichen Knabenherzen, die erst spät aufging, die aber dafür um so schönere Früchte zeitigte. War doch Luise die Mutter des ersten Hohen¬ zollern auf dem Kaiserthrone des wie¬ der erstandenen Deutschen Reiches. Ein leises Surren! Ich schaue zum Horizont empor. Will etwa ein Flieger¬ offizier den Frieden aus diesem Traum¬ reich verscheuchen und hier landen? Es ist nichts zu sehen; nur die Wolken ziehen ihre ewige Straße. „Halt! Sie sind nicht historisch, mein Herr! Bitte, bleiben Sie stehen!"- Träume ich? Da steht sie ja, mit der sich meine Gedanken soeben beschäf¬ tigten, und der Kronprinz und Prinz Wil¬ helm schmiegen sich zärtlich an die Mutter. Ich trete näher, ich will mich überzeugen-„Halt!" tönt es wieder, diesmal bestimmter. Ich sehe einen Kasten auf einem Stativ. Ein Mann,ebenso unhistorisch wie ich, dreht und dreht an diesem sonderbaren Kasten. Meine ganze Stimmung ist futsch. Die Stimme läßt sich zum drit¬ ten Mal vernehmen: „Schluß!" Ein Herr, sehr modern gekleidet, tritt auf mich zu und begrüßt mich. In zwei Minuten sind wir Freunde. „Das war die letzte Szene, die wir hier zu machen hatten! .Rutschbahn' und .Historische Eiche' haben wir schon vorhin gedreht. Fräu¬ lein Arnstädt spielte heute direkt fa¬ mos!" Also Fräulein Arnstädt vom Schauspielhaus ist es, die die Königin Luise so brillant kopiert. Da wird auch der König sichtbar, an den Händen drei reizende Kinder. Lakaien tauchen auf; alle streng historisch! „Diesen Stroh¬ hut hat das Hohenzollem-Museum zur Verfügung gestellt; die Königin trug ihn mit Vorliebe!" erklärt der König, auf den Hut seiner Gemahlin deutend. „Und in diesem Kinderwagen hat Kaiser Wil¬ helm der Große gesessen!" beeilt sich