Lichtbild-Bühne (April 1913)

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Seite 24 L - B • B No. 16 Gäste zugelassen werden. Die Ueber- leitung geschehe durch eine Vorfüh¬ rung ernsten Inhalts, und es würde dadurch eine der Sache würdige Stimmung hervorgerufen, auch wü߬ ten die Gäste, daß die Gesangsvor¬ träge abends zwischen 8 und 9 Uhr erfolgten und warteten schon mit Spannung darauf. Herr Tost hat die gesangliche Be¬ gleitung der Naturaufnahmen über¬ nommen, seine Lieder habe er den Aufnahmen angepaßt und habe u. a. „Der Wanderer“ von Schubert ge¬ sungen. — Der Zeuge äußerte sich dann über seine künstlerische Aus¬ bildung und seine Tätigkeit als Te¬ norist. Herr Hofkapellmeister Riedel war als Sachverständiger geladen wor¬ den. Er bekundete, daß Herr Tost Mitglied des von ihm geleiteten Ge¬ sangvereins „Braunschweiger Lieder¬ tafel“ gewesen sei. Schon damals sei ihm dessen ungewöhnliche musi¬ kalische Begabung aufgefallen, und er habe eine fachgemäße Ausbildung für wünschenswert erachtet. Herr Tost habe glänzende Leistungen ge¬ boten, und wenn er am Theater selbst nicht die Erfolge gehabt habe, wie der auch aus der Liedertafel hervor¬ gegangene Sänger Otfried Hagen, so sei das nur auf sein geringes Körper¬ maß zurückzuführen, da man am Theater auf ein harmonisches Ver¬ hältnis zwischen dem Sänger und seiner Rolle sehen müsse. Herrn Tosts Leistungen seien stets nach Ge¬ bühr geschätzt worden. Es sei frag¬ los, daß seine Vorträge höheres künstlerisches Interesse bean¬ spruchen könnten, die Darbietung des „Wanderers“sei eine nennenswerte Leistung, und in bezug auf die an¬ deren Lieder habe er das feste Ver¬ trauen zu dem guten Geschmack des Herrn Tost, daß er sie entsprechend auswählen werde. Ihm persönlich würde es, allgemein genommen, eine interessante Ueberraschung sein, wenn er zu Kinoaufführungen guten Gesang hören könnte. Auf die Frage des Amtsanwalts, ob denn nicht durch das ganze Milieu einer Kinovorstellung eine künstle¬ rische Leistung heruntergezogen werde, meinte der Sachverständige, das sei nicht der Fall. Auf den grö߬ ten Bühnen komme es vor, daß viel¬ leicht ein Einakter von Goethe ge¬ geben werde und im Anschluß daran eine Tanzaufführung stattfinde. Es komme auch wohl vor, daß man auf ein kurzes Drama eine Posse folgen lasse, und je toller der Gegensatz sei, um so erwünschter sei es. Direktor Bonse betonte, wenn auf die Zusammenstellung seiner Pro¬ gramme Gewicht gelegt werde, so müsse er hervorheben, daß während der ganzen, etwa Stunden dauern¬ den Vorstellung nur eine, höchstens zwei kurze Humoresken gegeben würden, die Hauptsache sei die Vor¬ führung von Dramen. Er suche selbst die Films aus und wähle nur das Beste. Vor allem dürfe man den Kino-Palast nicht auf die gleiche Stufe stellen mit „Kientöppen“, wie sic vielleicht in den Vorstädten manchmal noch existierten. Die hohe Bedeutung des Kinematographen sei auch durch zahlreiche hervorragende Dichter anerkannt worden, und manche von ihnen hätten besonders für die Kinotheater geschrieben. Herr Riedel bemerkte, welches wissenschaftliche und literarische Interesse den Kinos entgegenge¬ bracht würde, gehe am besten daraus hervor, daß der größte deutsche Tra¬ göde Bassermann sein Können in ihren Dienst gestellt habe. Es sei offenkundig, daß die Kinos in der Art ihrer Vorführungen einen gewaltigen Aufschwung genommen hätten. Herr Bonse erklärte, er sei bereit, dem Gericht sofort eine Sonder-Vor- stellung geben zu lassen, damit es sich von der Art seines Programms über¬ zeuge. Der Amtsanwalt erklärte, daß Herr Tost ein vollendeter Künstler sei, solle zugegeben werden, doch dürfe man aus dem Programm keine einzelne Leistung herausnehmen, sondern müsse es als Ganzes betrach¬ ten, es enthalte aber auch Sachen, die keinen Kunstwert besitzen. Das Ur¬ teil stellte er in das Ermessen des Ge¬ richts. Das Urteil lautete auf Freisprech¬ ung. In der Begründung führte der Vorsitzende aus, durch die Ausfüh¬ rungen des Sachverständigen sei er¬ wiesen, daß Herr Tost ein Künstler sei, daß also bei den von ihm vorge¬ tragenen Liedern unzweifelhaft ein höheres künstlerisches Interesse vor¬ liege. Die Frage, ob das übrige Pro¬ gramm geeignet sei, den Eindruck der Lieder zu verwischen, müsse verneint werden, da Herr Bonse alles getan habe, um einen künstlerischen Genuß zu gewährleisten.