Lichtbild-Bühne (June 1913)

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No. 23 lri * B * E& Seite 27 Was nützt es, wenn ewig über die Auswüchse der Filmindustrie ge¬ schimpft wird oder ganz wenige Films aus Anlaß eines .(gesellschaftlichen" Ereignisses besprochen werden? Der Filmfabrikant liest mit Vergnügen die gailgrünen Schimpfartikel über Schundfilms und stellt fest, wieviel ihm dieser Film getragen hat. Der Hebel muß irgendwo anders angesetzt werden, wenn Hilfe kommen und das Niveau des Kinos gehoben werden soll. Die Filmzensur ist streng, aber nur in den seltensten Fällen erfüllt sie ihre Aufgabe. Gewiß, vor un¬ züchtigen, blutrünstigen Films schützt sie uns und konfisziert rücksichtslos den „siebenfachen Mörder" oder „die geheimnisvolle Brautnacht". Der Filmfabrikant weiß sich aber zu helfen. Er entfernt ganz einfach die Stelle, die die Zensur beanstanden würde, oder er ändert den Titel und der Film ist gerettet. Sein „Inhalt" hat sich durch diese Manipulationen nicht im geringsten geändert, er ist genau derselbe geblieben und durch die Ausschnitte vielleicht nur eckiger und unverständlicher geworden. Die Zensur nützt uns also gar nichts oder bloß in vereinzelten ganz krassen Fällen. Und hier erwächst der Presse eine Aufgabe, deren Er¬ füllung viel schöner und lohnender wäre, als alle noch so schön geschrie¬ benen und mit noch so gut klingen¬ den Namen Unterzeichneten Artikel für und wider. Das Kino besteht und wird be¬ stehen und daran ist nichts zu ändern. Darum ist es ganz müßig, sich dar¬ über den Kcpf zu zerbrechen, ob es dem Theater schadet oder nicht, ob Bühnenkünstler für den Film spielen sollen oder nicht, ob große Werke der Weltliteratur „verfilmt" werden dürfen oder nicht, ob dieser oder jener Autor * Filmdramen schreiben will oder nicht. Das Kino wird sich, wie es bisher in ununterbrochenem Aufstieg seinen Weg machte, auch weiter entwickeln und jene Kräfte heranziehen, die es braucht. Was aber verhindert werden muß, das sind die vielen Auswüchse. Da die Zensur ihre Aufgabe teils nicht erfüllt hat, teils nicht erfüllen kann, weil es schließlich nicht ihre Sache ist, einen minderwertigen, aber sonst unschuldigen Film zu verbieten wie sie etwa ein schlechtes Drama oder eine schlechte Operette — wenn es eine solche gibt (?) — nicht ver¬ bieten kann, so muß hier eben die Presse mit ihrem großen Wirkungs¬ kreis eingreifen. Man mißverstehe mich nicht. Ich denke hier nicht an eine Kritik der einzelnen Films, wie es heute die Kri¬ tik der Theaterstücke ist; ich meine nicht das Ablehnen oder Akzeptieren durch die Presse. Das würde zu weit führen. Aber das Interesse der Presse allein für die „Uraufführungen" würde der Allgemeinheit einen un¬ schätzbaren Dienst leisten. Genau so wie sie heute die einzelnen Bühnen¬ leiter — von wenigen Ausnahmen, die sich darum nicht scheren, abge¬ sehen — bei der Annahme oder Ab¬ lehnung eines Stückes nicht in letzter Linie daran denken, wie es die Kritik aufnehmen werde, so würde sich je¬ der Filmfabrikant beziehungsweise Regisseur bei der Erwerbung oder Inszenierung eines Dramas in erster Linie überlegen, ob es die Presse ab¬ lehnen werde oder nicht. Die Angst allein würde in den meisten Fällen genügen, uns so manchen schlechten Film, den zu verbieten die Zensur gar keine Handhabe besitzt, zu ersparen und die Masse vor dem Anblick schlechter, inhaltlich minderwertiger oder demoralisierender Bilder zu schützen. Hier liegt ein weites und schönes Gebiet. Die Arbeit ist groß, aber lange nicht so, wie sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Bei dem ganzen Streit um des Kinos Art handelt es sich nur um Dramen und diese sind nicht gar so zahlreich. Und nicht die schlechten sollen gerügt, sondern die guten her¬ vorgehoben werden. (Man könnte es auch umgekehrt machen, aber da wäre die Arbeit zu groß.) Ein der¬ artiges Sichten der Neuerscheinungen durch die Presse würde vollkommen genügen, um die Luft gründlich zu säubern und den Filmfabrikanten von der Erwerbung und Inszenierung so manchen Dramas zurückhalten. Wenn sich die Presse aus ganz bestimmten Gründen veranlaßt fühlt, aus irgend einer mit großem Tam- Tam angekündigten Inszenierung No¬ tiz zu nehmen und die Uraufführung fast wie eine Premiere in den Kam¬ merspielen (ohne „licht") zu be¬ sprechen, so müßte sie hier erst recht eingreifen.