Lichtbild-Bühne (June 1913)

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Seite 114 „DER KINO-REGISSEUR" • SONDER-BEILAGE IN DER LUXUS AUSGABE DER LICHTBILD-BÜHNE @©©@@@@@@@@©©@@@@@@©@©@@@@©@@@©®©@©©@®@@©@©@@©@@@@@@©© CHARLES DECROIX. Verfasser, Regisseur, Schauspieler, Operateur, Photograph, Maschinist, Nebenmaschinist usw., usw., usw. Etwas französisch — ziemlich deutsch - Elsässer - ohne mehr. Außer diesen hauptsächlichsten Titeln, Titel, die ich gestehe und die mir von den verschiedenen Persönlich¬ keiten der Kinematographenwelt verliehen werden, gibt es noch andere, die meine sprichwörtliche Offenheit — indem sie meiner wohlbekannten Bescheidenheit Vernunft zu¬ spricht — nicht verschweigen kann. Diese Titel sind in ihrer ganzen Einfachheit die folgenden: Ex- zweiter Auskehrer bei der Firma Pathe Freres, Paris, „ Bremsenwärter bei der Firma „Film d'Art fran^ais", ,, Maurer bei der D M Biophon and Co., Berlin, ,, Garderoben-Aufseher bei der Firma „Milano Film", Mailand, ,, Maschinist bei der Firma Lux., Paris. „ Vorsteher der Abteilung für nicht abgeholte Sachen, Firma Gaumont, Paris und schließlich . . . einfacher Pionier der zukünftigen Deutsch-Französischen Entente. Dieser schönen Aufzählung könnte ich noch den Titel eines „Abonnenten an der Berliner Straßenbahn“ hinzu¬ fügen, mein Oppositionsprinzip für jede Reklame und Pro¬ paganda verbietet es mir jedoch. Denn ich gestehe es offen, bis jetzt war ich der unver¬ söhnliche Feind der Bluff-Reklame in allen ihren Arten. Mein Freund Hanewacker (in Firma Hanewacker & Scheler, Friedrichstraße 25, Fahrstuhl, Wasser- und Gasversorgung in jedem Stock) ist jedoch anderer Ansicht gewesen; aus diesem Grunde trete ich heute vor die werte Leserwelt, ganz beschämt die folgende peinliche Beichte ablegen zu müssen: „Ich beschäftige mich mit Kinematographie.“ Man macht natürlich, was man kann! Ich hätte eine andere Laufbahn wählen können! Ich hätte z. B. ein guter Schuster werden können, wie weiland mein Vater „Decroix senior, Schuster G. m. b. FL" Ja! das Schicksal hat es aber anders bestimmt! Armer Schmetterling! Meine Flügel führten mich dem Feuer der Rampe entgegen, wo sie bald verbrannten; von da aus war nur noch ein Schritt zu machen, um zur Kinematographie zu kommen. Diesen Schritt habe ich daher gemacht und bin bei Charles (0 pardon) bei der Compagnie Generale des Phonographes, Cinematographes et Appareils de Precision, anciens Etablissements Pathe Freres .... (Uff!!) einge¬ treten. Bei dieser Firma, als zweiter Auskehrer, fegte ich mit Eifer die Ecken aus, die mir mein verehrter Meister und Lehrer, Herr Penard, reservierte. Von weitem be¬ trachtete ich die Aufnahme-Apparate, deren Handhabung ich zu verstehen versuchte. Leider! verlor ich bald meine Zeit und Mühe und, da ich als unfähig erachtet wurde, so wandte man bei mir das von Homer gesungene (Musik von Tolstoi) Gesetz an, welches lautet: „Wer mit dem Schwert schlägt, wird durch das Seil sterben . Infolgedessen kam die Reihe an mich, ausgefegt zu werden (herausgeworfen zu werden). In dieser Weise kam ich nach Berlin, wo ich bei dem Bau der ausgedehnten und wunderbaren Ateliers der ,,D. M. Biophone and Co.“ mithalf; dies gelang mir jedoch kaum und, als in der Sache unzuständig erachtet, wurde ich entlassen, wobei mir ein Zeugnis über gutes Betragen ver¬ weigert wurde. Verzweifelt schlug ich den Weg nach Italien ein, dem Lande, wo die Maccaroni blühen und wo man der „Arte" huldigt. Dort bin ich auch nicht glücklicher gewesen! Kurz gesagt, von einem Atelier in das andere, wurde ich überall zurückgewiesen. Um diese Zeit kam ich dann nochmals nach Berlin, fest entschlossen, ein solch undankbares Handwerk wie die Kinematographie aufzugeben. Das erste, was ich bei meiner Ankunft tat, war, mir auf Credit einen Aufnahme-Apparat, Marke ... (zu verleihen: 25 Prozent Rabatt) zu verschaffen. Ich nahm diesen Apparat auseinander, um über den Mechanismus klar zu werden; alsdann — endlich aufgeklärt — stellte ich denselben wieder zusammen und photogra¬ phierte meine erste Inszenierung, betitelt „Geheimnis und Kientopp". Leider! war wieder um so mehr Zeit verloren, denn beim Wiederzusammenstellen meines Apparates hatte ich vergessen, denselben zu laden. In mir sehen Sie also einen sehr unglücklichen Menschen. Ich bin der Verfasser und geniale Regisseur eines großen kinematographischen Er¬ folges, den niemand wird sehen können, weil ich vergessen habe, meinen Apparat mit einem mehr oder weniger un¬ gebrauchten negativen Film zu laden, der notwendig war, um dieses grandiose Kunststück wiederzugeben. Ich werde ohne Frage niemals etwas von diesem Un¬ glückshandwerk verstehen! . . . Morgen werde ich meinen Apparat verkaufen, um einen negativen Film zu erwerben und dann. ®®®®©@@@®®®@®®©@@@@@@@@®@@@@@®®@@@$®®®®@®©@®®@®@@@©@®©