Lichtbild-Bühne (June 1913)

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Seite 122 „DER KINO-REGISSEUR" . SONDER-BEILAGE IN DER LUXUS AUSGABE DER LICHTBILD-BÜHNE ©@©©@@©®©©®®®©®@®@®@ @©@@©@®@@@ ®®®@©©®®®®@®©@®®®@®®@@@® KUNST UND NOCHMALS KUNST. Von MISU. E s ist ein trauriges Zeichen unserer Kultur-Epoche, daß Neid und Mißgunst des Theaters gegen den Kinematograph zur offensichtlichen Lüge führen, denn die Meinung der Theaterfreunde lautet stereotyp: „Kino hat mit Kunst nichts zu tun!" Ich hingegen behaupte: „Kino ist Kunst, absolute, reine, wahre, edle Kunst!" Tausendfältig können die Beweise dafür angeführt werden. Wer im Film ein Meister der Darstellung ist, wird stets auch ein tüchtiger Bühnenkünstler sein. Es gibt Hunderte von ersten und anerkannten Schau¬ spielern der Sprechbühne; es gibt aber nur einen Meister der Pantomime: Severin. Der Schauspieler arbeitet innerhalb eines eingespiel¬ ten Ensembles, braucht eine Unzahl von Proben und trotz¬ dem noch den Souffleur, dem er die kommende Seelen¬ schwingung stückweise aus dem flüsternden Munde zieht. — Wir arbeiten stets mit Fremden, aus dem Stegreif, ohne Souffleur-Inspiration, ohne mitreißendes Publikum, ohne Proben. Die Bühne verwendet gemalte, wackelnde Kulissen, versucht, die Variationen des Sonnenlichts durch elek¬ trische Schalterbetätigung nachzuahmen und braucht bei jedem Szenenwechsel Pausen zum polternden Umbau. — Unsere Requisitenkammer ist die prächtige Welt selbst, unsere naturgetreueste Beleuchtung die Sonne und keine Zwischenpause bei dem Fortlauf der Handlung zerreißt die Stimmung. Die Bühnenkunst hat tausendjährige Erfahrung und spielt heute noch Stücke, die ordinär, langweilig, kitschig, unästhetisch, brutal, volksvergiftend, pervers, unmoralisch und blöde sind. — Ein Jahrzehnt lang ist unsere Praxis, und wir schaffen einen Film „Quo vadis ?", dessen Gesamt* Wirkung die Bühne auch nach tausend Jahren nicht er¬ zielen kann. Der Hunger nach Kunst lebt in jedem Menschen, und zwar ohne Ausnahme. Meist unbewußt. Sechzig Millionen Menschen international sitzen täglich taut Statistik im Kinotheater. Noch nicht der fünfte Teil im Schauspiel¬ theater. Würden Millionen von Menschen täglich zu den Stätten einer Unkunst drängen? Allererste Bühnendarsteller kommen zu uns zum Kur¬ belkasten. Würden sie es auch tun, wenn das Kino un¬ künstlerisch wäre? Der Kinematograph soll keine Kunst sein, weil er rein technischer Natur ist? Gibt es nicht auch eine Ge- ©@@@®©®®®®®®©®@©@@®@®®©©@®©®@@®@®@®®®®@@®©@®®@®®®®©®©© sangs-, Maler- oder Bildhauer-Technik ? Ist dies alles darum keine Kunst? Der rein technische Kino-Apparat ist ein Nichts, wenn er nicht durch intellektuelles Denken des Menschen zur Betätigung kommt. — — Es ist eine Kunst, ruhig zu bleiben, wenn Nichtkenner des Kinematographen ihm die künstlerischen Ambitionen absprechen. Kino ist Kunst und nochmals Kunst.