Lichtbild-Bühne (June 1913)

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Warum? — Darum! Von Heinrich Lautensack, Dramaturg und Reklame-Chef der „Continental Kunstfilm-Gesellschaft." arum überläuft geradezu das Publikum die Kinos? Aus einer — wenigstens bei uns in Deutschland dann wahrlich spät genug entdeckten Vorliebe für Pan¬ tomimen? Nur höchst oberflächliche Beur¬ teiler nennen das Film-Drama eine abphctographierte Pantomime und nichts weiter. Oder bevölkern sich die Licht¬ spielhäuser allabendlich in sämtlichen fünf Erdteilen, weil darinnen — in Zeichen aus Licht und Schatten — endlich das Volapück erfunden wurde, ein neues, wirklich allen Na¬ tionen ohne das geringste Vorstudium zugängiges Esperanto? Es ist wirklich keine allzu grobe Uebertreibung, zu behaupten, daß die Erfindung der Gebrüder Lu- miere — nämlich des Kinemato- graphen im Jahre 1895 — eine Tat bedeutet, wie sie zuvor nur einmal noch — um 1447 — jenem Johann Gensfleisch zum Gutenberg gelang. Auf jeden Fall also verhält sich die Sache ein ganz klein bischen anders als die Feinde, die dreimal ab¬ scheulichen, des Kinos in ihrer lügne¬ rischen Weise wahrhaben möchten. Nämlich daß das Publikum in er¬ schrecklicher Majorität in die Licht¬ spielbudiken dränge — einfach weil da ein Roman oder ein Drama mit so wenig dichterischen Umschweifen als nur irgend möglich geboten würde. Der Hunger nach dem bloßen Stoff, den die Menge da nach Be¬ lieben stillen könnte — es ist einfach nicht wahr, daß das als die Hauptur¬ sache des Massenbesuches der Kino¬ theater anzusprechen sei! (Und hier¬ nach die Kunstfilmfabriken als Haupt¬ anstifter in Grund und Boden zu ver¬ dammen!) — Vielmehr die ehrliche kindliche Freude am Kinemato- graphen als (neu erfundenen und oh! wie so ingeniös erdachten!) Ding an Heinrich Lautensadc. sich ist es, die zu solcher unaufhör¬ lichen Wallfahrt nach den Tempeln der Kinokunst antreibt!! — Weil — mit anderen Worten — der Kine- matograph nicht nur ein großer Ver- ewiger, sondern auch der größte Ver- augenblicklicher zu ganz der gleichen Zeit ist: darum die hohe Kinofreudig¬ keit allenthalben und nirgends eine Kincmüdigkeit, weder bis dato, noch überhaupt jemals! Das weiß natürlich nicht einmal der jeweils hundertste unter allen mit auch nur annähernd so bestimmten Werten zu sagen, als ich es hier un¬ ternommen habe. Und dennoch ver¬ hält es sich so und nicht anders. Das Kinematographentheater lockt einem immer wieder, weil der Kine- matograph selber ein Verewiger ist, wie ich es nannte. Weil er mit höchster neuzeitlicher Voll¬ endung das wiederholt, was im Menschengeschlecht zu seinen pri¬ mitivsten Zuständen sich als erster Drang zu etwas wie einer Kunst und Kultur ankündigte: nämlich ein Ding aus seiner Umgebung, einen Men¬ schen oder ein Tier, nachzubilden. Unabstreitbare Parallele: der paleth¬ nologische Mensch (aus der finger¬ klammen Eiszeit, ich bitte!) formt als erste Kulturbetätigung und Kunst' leistung eine primitive Venusstatuette oder stilisiert ein Tierbild . . . und die Gaumontwoche bannt eine Prin- zessinenhochzeit und eine Drei- Kaiserzusammenkunft auf dem Film. . . . Und zu ganz der gleichen Zeit, sagte ich, sei der Kinematograph auch noch der größte Veraugenblick- licher. Zunächst einmal ist der Augen¬ blick einer Uraufführung eines Kino¬ dramas ein für allemal festgehaltenf — Oder ging von uns allen je schon wer zu einem Asta Nielsen-Film und es passierte ihm, was ihm in Prof.. Reinhardts „richtiggehenden“ Thea¬ tern täglich passieren kann: nämlich daß er die Asta Nielsen gar nicht zu sehen bekommt, sondern eine fünf¬ zehnte bis zwanzigste Besetzung? — Oder — was einem dann den ganzen Theaterabend verleiden kann —: in. der 379. Aufführung (Kunststück !} extemporieren die sämtlichen fünf Frankfurter und ulken einander an,.