Lichtbild-Bühne (July 1914)

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Erstes internationales Fachblatt für die Interessen des Kino-Varibtös. VERLAG DER „LICHTBILD-BÜHNE“, BERLIN SO. 16, MICHAELKIRCHSTRASSE 17. — TELEFON: MORITZPLATZ, 14984 u. 14985. No. 40 | IN om Jahre 1896 an bis auf heute AN geben wir die Films hinauf AS) zum Vorführungsraum und lassen sie durchdrehen. Das Publikum sitzt und sieht; es lächelt und lacht, es weint und staunt. Es läßt sich mit Hilfe der lebenden Photographien durch die ganze Skala der Gefühlswelt hindurchpeitschen: bald himmelhoch jauchzend und bald zu Tode betrübt. Die Filmdichter und Regisseure mit ihrem mehr oder minder künstlerischem Stab von Darstellern, die in allen Preislagen je nach Renomm& oder Güte täglich bereit sind, nur immer wieder neue Stoffe auf dem Film zu bannen, haben bis jetzt pro Woche durchschnittlich international etwa 120 verschiedene „Handlungen“ zur zweidimensionalen Verkörperung gebracht; das macht pro Jahr wohlgemerkt 120 mal 52 verschiedene Sujets, also 6240 Films, bezw. von 1896 bis auf heute insgesamt etwa 117 000 Films. Bitte zu beachten: verschiedene! — Ist die Gefühlswelt der Menschen, die zwischen Lachen und Weinen liegt, wirklich so variationsfähig, daß man 117000 verschiedene Films produzieren kann, ohne sich zu wiederholen, ohne Cliche zu werden, ohne schablonen Redaktion: ARTHUR MELLINI. Berlin, den 4. Juli 1914. Dekorative Films. haft zu werden? Meinen Sie, daß jeder Film, wie es doch sein müßte, ein Originalwerk ist? Wir bezweifeln es und geben den Stimmen recht, die sich da immer deutlicher bemerkbar machen und von einer gewissen Tradition, die anfängt, langweilig zu werden, sprechen. Wir haben uns erschöpft und sind ausgepumpt, und Ben Akiba flüstert uns bei jeder originalen Film-Novität in die Ohren: „Alles schon dagewesen!“ Unsere dadurch dokumentierte geistige Bankrott Erklärung soll durchaus nicht gleichbedeutend sein mit dem Idium des Armutszeugnisses, das wir uns jetzt selbst ausstellen. Im Gegenteil: wir waren ungeheuer produktiv und haben schließlich die Variationen der menschmöglichen Geschehnisse so künstlich an Haaren herbeigezogen, daß man nur noch die fehlende Logik durch künstlich konstruierte Sensationen verdecken und darüber hinwegtäuschen kann, Aber an diese Sensationen, die man sogar fälschlicherweise für einfache photographische Tricks hält, hat man sich mittlerweile so gewöhnt, daß wir uns beim besten Willen nicht den | 2. Jahrgang mehr zur bescheidensten Gänsehaut aufschwingen können. Was nun? — Diese große, ewig mahnende Frage schwebt uns schon lange vor, und auch durch die Höherentwickelung des Kino-Klavierspielerss zum Lichtspiel Kapellmeister konnten wir musikalisch unser neunköpfiges Ungeheuer, Publikum genannt, durch akustische Ablenkungen über die ausgepumpten Varitionsmöglichkeiten hinwegtäuschen. Jetzt hat man sich auch an die komplette Kapelle gewöhnt, nimmt sie als selbstverständlich hin, und überall ertönt immer noch dringlicher werdend die Frage der Stunde: Was nun? Wir wissens nicht! Darum hat auch das Schlagwort der Kinomüdigkeit seine Berechtigung. Diese Kinomüdigkeit haben wir uns ehrlich verdient, Sie wieder los zu werden, ist möglich, wenn wir uns endlich an den Gedanken gewöhnen würden, daß dem Film jetzt endlich nach 17 Jahren der Praxis jede weitere Variationsmöglichkeit fehlt. Demzufolge müssen wir die Neuheit, die das Publikum wieder heranzieht, außerhalb des Rahmens vom Kinobild selbst suchen, und in dieser Wort