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Seite 52
7. Jahrgang 1914
Nummer 44
Das reiche Gebiet der Technik mit ihren erstaunlichen Wundern, deren genaue interne Kenntnis selbst bei den breiten Massen des Publikums schon immer hoch im Kurse stand, denn man muß als ganz selbstverständlich darüber mitsprechen können, bot da eine Fülle von ausbeutungsfähigem Material, Man hat auf der Bühne Experimente mit flüssiger Luft gemacht, die drahtlose Telegraphie praktisch demonstriert, synthischee Massenfabrikation in künstlichen Rubinen inszeniert, mit Röntgenstrahlen operiert, kleine Aeroplane im Fluge gezeigt und — den Kinematograph zu allererst dem Publikum gezeigt. Dieses ewig hastig, schnell, kurz entschlossen und kühn sich selbst variierende Variet& hat stets und immerdar einen solch gesunden und sicheren Blick gehabt, daß es zu allererst erkannte, welch’ enormer, noch nie dagewesener Wert in der neuen Erfindung des Kinematographen steckt.
Dieser Kinematograph kam aber auch außerdem noch sehr stark der Technik, der Programmzusammenstellung hilfreich entgegen, denn das Schmerzenskind war immer die letzte Programmnummer im Variete, die keine Beachtung beim Publikum fand, weil es mit dem Kellner abrechnete und gern schon etwas früher den Theatersaal verließ, um im Foyer der
Auskunft.
Garderoben-Misere zu entgehen. Man hat alle möglichen Mittel versucht, um dieser vom Publikum ausgeübten Entwertung der Schlußnummer entgegenzustellen; man hat sogar den Versuch gemacht, die teure und große Attraktion als letzte Nummer zu bringen, aber das Publikum behielt die häßliche Theater-Unart bei, und da kam wie gerufen der Kinematograph, der neu, originell, billig war und
Saalverdunkelung
seiner Bedingung der Publikum
zwang, sitzen bleiben zu müssen.
infolge das
Dieser Kinematograph nun, der jahrelang dem Variete so treue Dienste geleistet hat, wird speziell in technischer Hinsicht selbst beim elegantesten und weltstädtischen Variete so stiefmütterlich behandelt, daß der zur Vorführung gelangende alte, verregnete Schmöker-Film bei Bedienung, oft
ziehender Blende, nachlässiger Lam
schlechtester mit penregulierung und falschen Klebestellen mehr als Abschreckungsmittel und nicht als Propagandatat für die schöne Kunst der lebenden Photographie zu bezeichnen ist. Dieser Mißstand, der sich als akute Kalamität ausgewachsen hat, bedarf dringend der Abhilfe, sonst leidet unsere Branche, die alle technischen Mängel der Anfangszeit sieghaft überwunden hat, moralischen Schaden.
Das Variete mit seiner obligaten
Kino-Variete
betreffend, gibt die Redaktion der „Lichtbild-Bühne‘“ gern fachmännische
Alle bisher erschienenen Fachartikel in dieser Beilage werden Interessenten auf Wunsch gern zugesandt.
Ueber alle technischen, künstlerischen, behördlichen und kaufmännischen Fragen, das
Kino-Schlußnummer haben wir als praktisches Propagandafeld für den Kinematograph selbst zu betrachten, und wenn diese schon jahrelang zu beobachtenden Sünden der Nachlässigkeit sich so stark bemerkbar machen, daß das Variete-Publikum, welches wohlgemerkt auch gleichzeitig für unsere Lichtspielhäuser in Betracht kommt, zu der Ueberzeugung kommt, die Kinokunst ist eine ewige Unkunst, die ihre Kinderkrankheiten nicht los werden kann, so gilt es für uns als Pflicht, bei den beteiligten Variete-Direktoren, die ihre selbstPflicht
Schaden vernachlässigen, vorstellig
verständliche zum eigenen zu werden, um eine Besserung zu erwirken. Dies können die Inhaber der Lichtspielhäuser erreichen, wenn sie sicn um die Uebernahme dieser Variet&-Schlußnummer gegen Gagenzahlung bemühen; dann wird der Kinematograph technisch und künstlerisch vollkommen vorgeführt, und das Abschreckungsmittel des Kinos
ist aus der Welt geschafft.
Das Variete, das stets nach Neuerungen strebt, wird sich auch schnell mit dem neuen Gedanken vertraut machen, daß Kinobilder nur dann interessieren, wenn sie fachtechnisch
vollkommen vorgeführt werden.