Lichtbild-Bühne (September 1915)

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Seite 40 Zu er > 8. Jahrgang 1915 Nummer 37 Eine Auflehnung gegen die Zensur. Auch im ireien Amerika waltet die Zensur ihres Amtes, doch dort nehmen jetzt die Stellung gegen diese Kontrolle. So schreibt die „Tribune“ in Chikago anläßlich des Falles, daß die Zensur einen Film verboten hat, der nach einem Roman entstand, der ebenso wie das nach diesem Buch geschriebene und aufgeführte Theaterstück frei sind, einen Leitartikel in ziemlich scharfer Sprache. Es heißt darin, Freiheit im Ausdruck müßte gewährleistet werden, solange sie nicht gegen das Gesetz verstößt, Man dürfte keine Katze zeigen, denn ein anwesender Hund könnte auf sie losgehen, ein passionierter Jäger könnte auf einen gefilmten Hasen schießen. Das sind doch auch Gefahren des Films. Die Zensur ist ein notwendiges Übel, die vor jedem Übergriff bewahrt bleiben muß. Der Film kann nötigenfalls zensiert werden, nicht durch ihn das Volk. Niemand habe das Recht, zu bestimmen, was er sehen dürfe oder nicht, Es gibt Dinge, die nicht zu sehen man uns raten kann, doch gewaltsam darf man niemand hindern, nicht gegen die Gesetze Verstoßendes sich anzusehen. Volkshetze in den Kinos Italiens. Die aus Italien hierher Geflüchteten berichten, wie das Volk systematisch in den Kinos für den Krieg bearbeitet wurle, Jedes Mittel wurde diesem Zweck dienstbar gemacht. Da gibt es in der Via Colonna in Rom ein kleines Kino, das dadurch eine gewisse Zugkraft ausübte, daß es fünf hübsche junge Damen als Quintett für das Orchester engagierte. Im Teatro Eden verkehrte deshalb besseres Publikum, dessen Unverständnis durch diese’ Kapelle Befriedigung fand. Sie spielte bald als Ouvertüre La tricolor, la Tripolitana oder die Marseillaise. Kriegsaufnahmen wurden erst zu Anfang dieses Jahres gezeigt, sie waren französischen Ursprungs, ohne Interesse, ohne Tendenz, weit hinter der Front aufgenommen. Im März tauchten die patriotischen Filmstücke auf, die Tageszeitungen nur den Zweck hatten, für den Krieg Stimmung zu machen, Was die Franzosen konnten, das ahmten die Italienischen Fabrikanten nach, sie taten noch eines mehr, sie brachten Zeichnungen von Karrikaturisten, die noch schärfer den Endzweck verfolgten. Militärische Vorzensur in Münster. Das stellvertretende Generalkommando in Münster hat für den ganzen Bereich seiner Zuständigkeit eine scharfe Beaufsichtigung der Kinos angeordnet. Die Vorführungen sollen nicht nur überwacht, sondern auch vorgeprüft werden, und zwar auch dann, wenn die Berliner Zensur sie bereits zugelassen hat. Zu der Vorprüfung gehört natürlich Zeit, und daher wird in der Versendung der Filme und im Programmwechsel eine starke Änderung eintreten. Man geht wohl nicht fehl mit der Annahme, daß die kürzlich in Dortmund erschienenen Preßartikel die Aufmerksamkeit des Generalkommandos auf die Kinos gelenkt haben. Man merke sich die kinofeindliche Zeitung „Iremonia”, Ein Unfall der Fern Andra. Einen bedauerlichen Unfall erlitt die beliebte Film-Schauspielerin Fern Andra, deren letztes Werk soeben über alle Berliner Union-Theater läuft, bei einer Kino-Aufnahme zu einem neuen Andra-Film. Die Künstlerin befand sich auf einer in voller Fahrt befindlichen Lokomotive und sollte von dieser auf ein fahrendes Automobil springen, als der Chauffeur, die Entfernung nicht richtig abschätzend, zu kurz fuhr, wodurch Fern Andra den Wagen beim Sprung nicht erreichte und zum Entsetzen aller Anwesenden zur Erde stürzte, Im ersten Moment glaubten alle die Künstlerin unter den Rädern der Lokomotive und es bemächtigte sich der Mitwirkenden eine starke Erregung. Es stellte sich heraus, daß Fern Andra mit dem Leben davon gekommen war und nur eine leichte Verletzung und Verstauchung erlitten hat. Es war ihr dank ihrer berühmten Gewandtheit und Geschmeidig keit gelungen, sich in den schmalen Platz der beiden vorübersausenden Wagen zu kauern, ohne unter die Räder zu kommen, Es steht zu hoffen, daß die Aufnahmen für den neuen Film bald wieder fortgesetzt werden können, „Eine Goldsammlung‘“, Im „Lessing-Theater“ Hamburg, dem größten und elegantesten am Ort, hat eine zweimalige Goldsammlung im Zeitraum von ungefähr vier Wochen einen ganz bemerkenswerten Erfolg gehabt. Der Besitzer dieses Theaters, Herr A. C. H. Tiedemann, konnte die beträchtliche Summe von M. 236 545.— in Gold der Reichsbank in Hamburg abführen, Von Seiten des Publikums wurde der Direktion für diesen Akt vaterländischer Gesinnung viele Anerkennung zuteil, denn jeder Besucher erhielt bei Einzahlung eines Zwanzigmarkstückes oder zweier Zehnmarkstücke eine Freikarte für den ersten Rang. Hannover während der Kriegszeit. Die Kinematographentheater Hannovers sind durch den Krieg ganz außerordentlich beeinflußt worden, sowohl finanziell wie nach Art und Herkunft der Films, Zu Anfang des Krieges mußten eine Anzahl Lichtspieltheater wegen der Uninteressiertheit des Publikums, wegen der anfänglich allgemeinen Abneigung gegen alles, was Theater und Spiel hieß, und wegen zahlreicher Einberufungen ihren Betrieb einstellen, So fanden im ersten Kriegsvietteljahr in der Stadt Hannover nur 1095 Veranstaltungen in Lichtspieltheatern statt gegen 1402 in der gleichen Zeit des Vorjahres, und auch im zweiten Kriegsvierteljahr nur 1154 Vorstellungen gegen 1347 im Jahre vorher. Die Stadt Hannover vereinnahmte an Steuern aus Lichtspieltheatern im ersten Kriegshalbjahr rund 31 000 Mark gegen etwa 44 000 M. im Vorjahre. Allmählich aber hob sich der Besuch der Lichtspiele wieder beträchtlich, da es ihnen gelang, den Spielplan zum großen Teil dem Geiste der Kriegszeit anzupassen.