We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.
Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.
Seite 16
8, Jahrgang 1915
! Nummer 38
ee —7=.> L’BB Sy ——
Großstadtmensch, Die Verkleinerung und Spezialisierung der
ter
einzelnen Zensurbereiche muß also
unbedingt so bald als möglich ins.
Auge gefaßt werden, wenn die Unfehlbarkeit aller Zensurentscheide erzielt werden soll, Dies müßte also die in nächster Zeit zu erwartende behördliche Neuordnung der Dinge sein. Wir sind dann wieder einen Schritt vorwärts gekommen auf dem Wege der endgültigen Abschaffung der
Filmzensur, da sie an ihrem eigenen
komplizierten System zu Grunde gehen muß, Wenn man nun aber, und zwar
nicht zuletzt, den Gedanken berücksichtigt, daß auch das Publikum in einem großen und eleganten Lichtsehr hohe Eintritts
unstreitig
spielhaus, wo bezahlt
ebenfalls ein ganz anderes ist, wie
preise werden, das im kleinsten und bescheidensten Kino der Peripherie derselben Stadt, wo das arme Publikum bei ganz iedrigen Eintrittspreisen ein paar Stunden Erholung nach schwerer Arbeit sucht, dann muß noch die schon
seit langem dringende Forderung kommen, daß hier eine weitere Spezialisierung, eine Zensur pro
Kino notwendig ist. Denn auch die Theaterzensur arbeitet ja rein örtlich und berücksichtigt bei der Prüfung des Theaterstückes oder Vortrages etc, die Art und Qualität des PubliEs wird sich also die Not
wendigkeit zeigen,
kums, jeden Film für jedes Kinotheater extra zu beurteilen, da man nur dann weiß, für welche Klasse von Publikum er bestimmt ist.
Nach dem jetzigen System heißt
es also: jedes Kino braucht sein
eigenes Zensuramt, dann erst arbeitet der Verwaltungsapparat richtig, dann erst ist jede Filmbeurteilung treffend genau. Engste räumliche und zeitliche Beschränkung der Zensur ist die Forderung des Tages. Je schneller diese weiteren Kompliziertheiten gefordert werden, desto schneller wird sich das Unhaltbare des ganzen Filmzensur Systems verdeutlichen. Dann wird man bei einer solchen, bis ins kleinste und feinste für jede Spezialseele passend gemachten Zensurhandhabung daß die jetzt schon verschiedenartig aufgefaßte
Kind aufhört, ein solches zu sein,
auch herausfühlen,
Höchstgrenze, wo das
nicht nach dem vorgeschriebenen Alter, sondern nach der jeweiligen geistigen Entwickelung des betreffenden Individiums festzulegen ist. Wir vermuten sowieso schon, daß manch „erwachsener Film bei mimosenhaft erzogenen Sechzehnjährigen, wenn sie plötzlich für die Abendprogramme reif werden, schon viel sittlichen Schaden angerichtet hat, Da ist vielleicht eine zensurbehördliche Reifeprüfung von jugendlich Erwachsenen das sicherste Mittel, um festzustellen, von wann an man unbeschadet die gefährlichen Abendfilms besichtigen darf.
Jedenfalls ist die jetzige Form der Zensurhandhabung noch stark zu erweitern, zu spezialisieren und zu indiEs bietet sich da noch ein ungeheures Feld für dankens
vidualisieren,
werte neue Reform-Verordnungen. Mit einem gewissen Grauen müßten wir an die Jahre 1908—1910 zurückdenken, wo jederFilm auchfür Kinder genehmigt war, da man damals noch
nicht das sogenannte Kinderverbot auf der Polizei erfunden hatte, Wie stark dadurch die behördlich nicht geschützte Kindesseele gelitten hat, ist gar nicht auszudenken.
Noch ein weiterer wichtiger, rein zensurtechnischer Punkt muß hier noch besprochen werden: die Filmlänge laut Zensurkarte, Kein Positiv gleicht bekanntlich dem anderen vom selben Negativ. jedes Film-Exemplar seine eigene Dann endlich
:st der Idealzustand da: für jedes
Demzufolge müßte Zensurkarte haben.
Kino und für jedes Film-Exemplar pro Jahr eine neue Karte; für jeden Reife
Kinobesucher eine sittliche prüfung.
In der Zeit des proklamierten Burgfriedens wünschen wir in aller Bescheidenheit die Erfüllung dieser Wünsche, Man wird dann schneller denn je zur Überzeugung kommen, daß in praxi die Durchführung der Zensur nach heutigem System unmöglich ist. Von überall
Deutschland werden uns die unglaub
her in
lichsten Zensurentscheidungen mitgeteilt, der Zensurbehörde und von Militär
Das, was hier in Berlin von instanzen usw. nach notpeinlichster Prüfung genehmigt ist, wird in der Provinz von irgend einem Wachtmeister kraft seiner Befugnisse glatt verboten. Daß man unter solchen Umständen dem ganzen System ein Fiasko wünscht, ist daher nicht weiter zu verübeln, Die Zensur im heutigen System bringt besonders für die daß eine
angebracht
Verleiher soviel Schaden, baldige Änderung recht wäre,
Zeidhnet die 3. Kriegsanleihe
Letzter Zeichnungstag: ®@ Mittwoch, den 22. September