Lichtbild-Bühne (September 1915)

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Seite 36 8. Jahrgang 1915 Nummer 38 Ein paar Stunden in der Film-Zentrale „Flimmerstern“. Anläßlich der Dresdener Kriegstagung am 8./9, September, verfaßt von Johann Wendler, Coswig in Sachsen. Es ist 8 Uhr vorbei und in Räumen und Zimmern Die Strahlen der Frühsonne goldig erschimmern, Frau Schulze, die Aufwartung, ist noch beim Kehren, Um dann die Papierkörbe noch auszuleeren, In deren tiefen und tiefesten Gründen Sich Reklamationen von gestern befinden, — Ein Viertel nach acht kommt jemand gegangen, Denn selten pünktlich wird hier angefangen, Der Markthelfer ist's mit zwei Ausbesserungsdamen, Die kitten und flicken Humoresken und Dramen. Nicht immer beliebt sie bei Jedermann sind, Verwechseln oft Titel, wenn noch welche dran sind, Sie duften nach Klebstoff gar sauer und süße, Zu Haus nennt sich jede die Filmdirektrice", — Es schwinden nun wiederum zwei viertel Stunden, Da hat sich das Tippfräulein auch eingefunden; Man sieht es, die ist heute kaum zu gebrauchen Und ist braun und grün viragiert um die Augen. — Jetzt kommt wieder einer gar schnell angerennt, Die Seele vom Ganzen, der Filmdisponent. Und nach und nach auch noch die letzten erscheinen, Das Frühstück um 9 Uhr tut alle vereinen. Sogar der Herr Prinzipal ist gekommen Und hat gleich die Durchsicht der Post vorgenommen: „Ach, was diese Kunden doch schreiben und schmieren, Da könnte man seine fünf Sinne verlieren, Nur Stumpfsinn blieb übrig, wenn nicht wär’ vorhanden Ein Fell, das noch dicker als beim Elefanten”, Der eine der Kunden, der schreibt jetzt tagtäglich: „Ich mache bald zu, denn's Geschäft geht ganz kläglich, Sie müssen sich zu kleinen Preisen bequemen, Ich kann Ihnen sonst kein Bild mehr abnehmen“, Ein anderer schreibt wieder „Solch elender Mist Bei mir wohl noch niemals gezeigt worden ist." Frau Meyer aus NN, die schreibt: „Welch ein Hohn, Ihre Films sind entzwee an der „Konfirmation“! Der Chef ruft ganz wütend ‚, Diese alberne Meyern Soll lieber 'nen Bandwurm als Filme durchleiern" Und fragt dann beim Disponent per Telephon: „Hab'n die „Jammerlichtspiele” den Schlager auch schon?" Und der ruft zurück „Ging schon gestern ab!" Na Gott sei Dank!" — den Hörer hin — schnapp ... Dann mußte der Chei den Kassierer was fragen, Der will heute zehn faule Kunden verklagen. „Immer feste, wir woll'n diese Kerle schon kriegen, Man kauft doch die Films nicht zu seinem Vergnügen", Auf einmal da läutet das Telephon wieder: „Hier Flimmerstern — Was?" Der Chef setzt sich nieder: „Sie hätten den Schager noch nicht hin bekommen?” — „Wer? Jammerlichtspiele?" Ihm wird ganz beklommen, — „Ach Unsinn, unmöglich (der ist ja verrückt) — Der Schlager ist gestern schon längst abgeschickt!" „Was wolln Se, noch Schadenersatz gar verlangen? Hier ist der Film gestern schon abgegangen”, — In der Erwartung, daß unseren Freunden das nachfolgende humoristische Gedicht eine angenehme Abwechselung im allwöchentlichen Lesestoff ist, drucken wir es laut Anregung vieler Versammlungsteilnehmer der Dresdener Tagung hier zur allgemeinen Kenntnisnahme ab. Die Redaktion. — Schnapp, hin mit dem Hörer: S's ist zum Verzweifeln, Muß schnell etwas Brom sich ins Wasserglas träufeln, Da, saust grad’ der Markthelfer an ihm vorüber, Will mit 'nem Paket zum Postamt hinüber. Der Chef fragt: „Was ist das?", dem Burschen wird schwüle, „D. .d... das ist der Schlager für die Jammerlichtspiele, Den hatt’ ich gestern abend aus Versehen vergessen”, „Lump, Schuft”, brüllt der Chef, als wollt' er ihn fressen, „O Gott, dieser Lümmel, mich trifft noch der Schag, Das ist ja heut’ wieder ein schrecklicher Tag“. Und außerdem kommt noch ein Vorführer gerannt: „Mir ist gestern abend de Komödie verbrannt!” Da muß man ja Nerven aus Stacheldraht haben, Da braucht man nicht erst in den Schützengraben”, — — Nun endlich verringert sich Kummer und Pein, Als eintritt sein blondlockig Töchterlein. Da glätten sich etwas die Sorgenfalten, Zorn, Ärger und Wut fangen an zu erkalten, Disponent und Kassierer, die recken die Hälse, Auch ihnen gefällt se, die blond-schlanke Else. Im Stillen da sind sie ja längst schon Rivalen, Doch keiner kann mit 'ner Bevorzugung prahlen. Im Herzen da tragen sie Hoffnungen einsam Und hassen dafür einen Menschen gemeinsam, Und der tritt grade zur Türe herein, Der Filmreisende ist es, „Herr Schieberbein“, Da glühen gar plötzlich ganz rot Elschens Wangen, Das ist ihr Erwählter, dem gilt ihr Verlangen, Natürlich darf das ja der Vater nicht wissen, Wenn heimlich im Vorführungssaal sie sich küssen — — „Herr Schieberbein“ ruft ihn derChef, ‚‚na wie stehts denn?" Ist denn was zu machen, das Geschäft, na wie gehts denn?” Herr Schieberbein meint überlegen: „Na, 's macht sich, Die Woche sind's dreitausenddreihundertundachtzig'. „Na, das ginge," „sagte der Herr Prinzipal dann, „Und nun, lieber Schieberbein, könnten Sie mal dann Die neuen drei Schlager sich vorführen lassen, Ich glaub', das ist wieder was für unsere Kassen; Ich selber hab’ heut' dazu keine Zeit mehr, Jedoch meine Tochter sehr gerne bereit wär' Und wird Ihnen helfen bei Prüfung und Wahl — —", Da zuckt aus den Augen der beiden ein Strahl Des Einverständnisses, schon sind sie hinten, Um gleich drauf im Vorführungssaal zu verschwinden, Das sah auch der wütende Filmdisponent, Der Schieberbein am liebsten abmurksen könnt‘, Und als dann der Chef, der an nichts Schlimmes denkt, Die Schritte zum Vorführungssaale hinlenkt, Stürzt der Disponent zum Vorführer rein, Und schaltet die weißen Lichtlampen ein! Da, ein Poltern, ein Fluch, ein verhaltner Schrei, Der Hegr Prinzipal traf die Tochter dabei, Als Schieberbein fest in den Armen sie hielt, Und ihr einen Kuß nach dem andern stiehlt. (Fortsetzung Seite 40.)