Neue Filmwelt (Oct 1947)

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hi" au Kräfte erst recht frei. “U der Industrie ist ein ähn Fließband als Symbol der my Korn -_ TRAKTAT ÜBER STILISTIK UND THEMATIK DES FILMS (Fortsetzung aus Helft 2) rung. Wenn er in der kurzen Zeit seines Bestehens viele Entwicklungsstadien durchlaufen hat, so liegt das an seinem raschen Wachs tum, nicht aber an seiner grundsäßlich revolutionären Veranlagung. Man soll sich darüber nicht hinwegtäuschen: die umstürzende Erfindung der Kinematografie brachte eine Kunstform herauf, die troß der Neuheit ihrer Ausdrucksmittel und gelegentlicher eruptiver Ausbrüche bedenkliche Beharrungstendenzen zeigt. Auch hat die junge Kunstform Film nicht nur frühzeitig ihre Kinderkrankheiten und inneren Krisen durchstehen müssen, sondern sie mußte in den entscheidenden Augenblicken, in denen sie just daran ging, ihre eigenen Kunstgesege zu erspüren und aufzustellen, Umbrüchen standhalten, die in dieser @ituation einer Katastrophe gleichkamen: als der technische Forschergeist des Menschen in rücksichtsloser Besessenheit dem stummen Film die Sprache hinzuerfand und dem sprechenden Filmbild die Farbe. Und ein Ende des überstürzten Erfindungsprozesses, der in das organische Wachstum der Filmkunst immer wieder störend einbricht, ist noch nicht abzusehen, wenn man weiß, woran in den Labora rien und Werkstätten der Techniker und Wissenschaftler noch &_Farbeitet wird. Tatsächlich wurde die innere Entwicklung und Konsolidierung des Filmes als Kunstform nnmer wieder durch die Erfindungen von außen gehemmt. Mit der Schnelligkeit des technischen Fortschrittes konnte die Festigung und Klärung des Filmes als ästhetisches Phänomen nicht wetteifern. Sie mußte zurückbleiben. Bei dem Wettlauf zwischen der technischen Zivilisation und einem nach innen orientierten Kulturstreben blieb die Zivilisation Sieger. | ek 2 Wenn wir konstatieren müssen, daß sich der Film immer wieder allzu leicht in ausgetretene Gleise begibt, daß er dem approbierten Klischee rasch verfällt, daß er vorzugsweise mit schablonierten Vorstellungsbildern arbeitet, so ist dies ein bedenkliches Charaktermerkmal dieser seltsamen Sammelkunst, die man in Rechnung seten muß, die aber nicht etwa beweist, daß in dieser problematischen Kunstform keine reinen und großen Kunstwerke ‚entstehen können. Im Gegenteil werden durch die Überwindung dieser grundsäßlichen Hemmungen die schöpferischen Sthes Strehen zu beobachten. Jede fabrikmäßige Erzeugung sucht für ihr Fabrikat gültige Normen, Standardtypen, Serienmuster, Modelle. Die Voraussegung jeder industriellen Fertigung ist ja — im Gegensag zu dem Schaffensprozeß des Handwerks — die Normung und. Standardisierung, nicht nur der Herstellungsmittel, der Werkzeuge und Maschinen, sondern auch die Typisierung des Erzeugnisses, ob es sich dabei um Autos, Eisschränke, Kinderwagen oder Filme handelt. Das Taylor-System, dieser Militarısmus der Arbeit, mit dem ZUM AN D: Film, obgleich er doch eine junge Kunst ist, neigt zur Behar-, VONARTHUR MARIA BABENALT Mifieundtiche Censhmtgme des , Heinz Menge-Verlages, Rastatt-Berlin . thischen Vergattung des menschlichen Robots mit der Maschine, reduziert »alles, was entsteht« auf wenige leicht klassifizierbare Serienerzeugnisse und Massenartikel. Ä Resümieren wir sine ira et studio, daß der Film als Kunst und der Film als Industrie einig sind in dem Drange nach Schablonisierung und Typisierung. Es wird die Aufgabe des Filmschöpfers sein, immer wieder die zu wohlfeilen Gebrauchsmustern versteinerten und vereisten Normen der filmischen Äußerung aufzusprengen, die Entwicklung der Kunstform in lebendigem Fluß zu erhalten und sie durch gelegentliche gewaltsame Umbrüche weiterzutreiben. Ä = BG 11. Hinsichtlich der Zusammense&gung seiner Elemente, in synthetischer Beziehung ist der Film eine Sammelkunst. Die Entstehung eines filmischen Werkes wird hingegen zum größten Teil durch einen Auftrag veranlaßt. In diesem Hinblick müssen wir den Film als Auftragskunst bezeichnen. Diese Feststellung ist an sich und grundsäglich nicht als Wertschmälerung zu verstehen. Fast die gesamte Opernliteratur bis in die zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, nahezu das ganze Werk Mozarts, ja, noch große Teile des Verdischen Schaffens entstanden im Auftrag. Und dieser jeweilige Auftrag wurde oft mit gebundener Marschroute in bezug auf Stoff und Form erteilt. Ja, man kann ohne Übertreibung behaupten, daß die Gotik ausschließlich Auftragskunst war, daß das Werk Michelangelos unter diesem Gese stand. Erst der Liberalismus der zweiten Hälfte des vorigen Säkulums schuf den Begriff der freien Kunst, der jedoch in ungebrochener, reiner Form nur selten zutage trat, im Zeitalter der faschistischen Diktaturen wieder verschwand und auch unter der | Herrschaft der Demokratie nur ein vereinzeltes Dasein führte. Auftraggeber war zuerst der Mäzen, dann die Kirche, vom Heiligen Stuhl bis zum Hirten der kleinen Glaubensgemeinde, in der Renaissance und im Barock die Fürstenund Herr‚scherhöfe, später spielte eine vermögende Impresa, eine berühmte Stagione die Rolle des Initiators, beim staatlich gelenkten Film unserer jüngsten . Vergangenheit fungierte gar der Staat selbst, in der liberalen Wirtschaft der Verleih oder ein Finanzkonsortium gegenüber der Produktionsfirma als Auftraggeber. Gegen die Auftragskunst ist, wie gesagt, prinzipiell nichts einzu" wenden, wenn sie von starken schöpferischenNaturen ausgeübt wird. Fehlt aber die große Persönlichkeit, so tritt an Stelle der künstlerischen Gestaltung die probate Schablone, die Folie. Gerade der Film neigt, ausschon erwähntenGründen,zur Konfektionierung der Gefühle, er be. dient sich gerne der gemater \ 1. November 1947 als Intendant das Berliner Metropol-Theater = Foto: Walther Jaeger) 21