Neue Filmwelt (Dec 1947)

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Seit Wilhelm Dieterle1935: in Hollywood mit Paul Muni seinen »Louis Pasteur« gedreht hat, ist nach dem Drama und dem Roman auch die Biographie auf der Leinwand ° heimisch geworden. Jener erste Versuch war ohne Zweifel ein Wagnis. Ein Film ohne story und Intrige, ohne Spannung und sex appeal, nur für den unscheinbaren, langwierigen, zähen Kampf eines Forschers mit seiner Materie Interesse hei schend: das hatte bis dahin noch nicht zu den Erfolgsrezepten der > "dramaturgischen Küche von Hollywood gehört. Aber das Wagnis gelang. Es wurde ein Welterfolg. Er erklärt sich einmal durch die aufgeschlossene Neugier und die Wertschäßung aus Verwandt schaft, die die Werktätigen überall dem auf das Praktische ge ES + richteten Typus des Forschers. entgegenbringen. Eine andere und wohl bedeutsamere Ursache lag im Wesen der Epoche. Genauer sesagt: in dem vorausgegangenen Siegeszuge: ‘des biographischen Buches, dem in den zwanziger Jahren das Interesse breitester Leserkreise sich in vorher nie gekanntem Umfange zugewandt » hatte. Man las zu jener Zeit Biographien, wie man früher Romane gelesen hatte, und häufig waren sie auch so abgefaßt. Der biographische Film heftete sich an die Fersen des biographischen Buches. In einigen Ländern ging er als milder Dauerregen auf die Leinwand nieder. Im Dritten Reiche nahm er die u Dimensionen eines Platregens an. Andere Völker haben ihn als gelegentliche Einlage gehabt, die Nazis hatten ihn als Serie und ‘ System. Hier wurde er dem permanenten Zwecke dienstbar gemacht, den »Führergedanken« zu stählen. Hinter dem Manne auf der Leinwand stand — ziemlich sichtbar — immer Er. War es »Karl Peters«, so ging es um die Ehrenrettung. der Brutalität War es »Bismarck«, so sollte das Volk verstehen, daß ein ie Staatsmann es mit der Ehre nicht so genau nehmen kann wie ein kleiner Bürger, daß er bereit sein 'muß, krumme Wege zu gehen, zu lügen, sein Wort zu brechen, wenn das Wohl» des. Staates auf dem Spiele steht. War es gar »Der große, König«, so empfahl sich die Erschütterung über ein im Dienste 2 Staates sich verzehrendes, entsagungschweres Führerleben für den aktuellen Anlaß, und es stand fest: Wie finster es immer kommen mag, der Endsieg wird — wie damals — unser sein. Oder Friedrich List in »Der unendliche Weg«: das verkannte Genie, der einfache Mann aus dem Volke, der weiter sieht als alle Profis — nun steckte er sie endlich alle in die Tasche und schritt ungehindert, zur Einigung Europas. Hier wie in andern biographischen Filmen wurde dem deutschen Volke ein Spiegel vorgehalten, in dem es sich grundsäglich dumm, ahnunsslos, un-. N _ wissend, beschränkt, kleinmütig und voller Schuld vor seinen sroßen Männern sah, denen gegenüber es mit vernichtender Regelmäßigkeit versagt hatte: Grund genug, nun endlich einmal Be : damit Schluß zu machen und dem neu erstandenen »Volksgenie« in blindem Vertrauen zu folgen. | Propaganda kann Kunst hervortreiben. Sie kann es, wenn sie flammendes Bekenntnis zu einer Idee ist. Paradebeispiel: »Pan| zerkreuzer Potemkin«. Wenn sie nur Trick und Bauernfängerei ee | ist, "kann sie es nicht. Die primitive Tendenz, die jenen bio| graphischen Filmen untergelegt wurde, hinderte daran, wertvollere Aspekte und eine differenziertere Auffassung zur Geltung zu bringen. Davon abgesehen, ist das künstlerische Resultat des biographischen Films auch sonst recht unbedeutend geblieben. Das muß als eine nüßliche Erfahrung für die Zukunft fest F4 Me PR Ren