Neue Filmwelt (March 1948)

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Oben: In kleinen Szenen fast privaten Charakters konnte der Film manchmal — und oft ungewollt — die wahren Beweggründe imperialer Machtpolitik enthüllen, wie hier in dem Gespräch zwischen Queen Victoria und ihrem Minister Chamberlain Mitte: Er konnte zeigen, daß Entscheidungen, die für Jahr zehnte das Gesicht einesErdteils bestimmten, oft in der Hand weniger Männer lagen, wie die in der »Nacht vonNNi kolsburg« gefaßten Beschlüsse über den Frieden von 1866 (Fotos: Archiv) Dabei sind die genannten Filme noch Filme einer besonders gelungenen Art, die nicht unerheblich von der'zur festen Gewohnheit gewordenen ‚Regel abweichen, von der Regel’nämlich, nach der Einzelschicksale mit historischem Hintergrund in einer Form abgewickelt werden, bei der zwar das Einzelschicksal in seinen Erlebnissen und Erfahrungen wechselt (weil sonst die Zuschauer streiken würden), der historische Hintergrund aber wie eine fertige Theaterkulisse immer wieder in ödem Schematismus gleich gestaltet wird. Insbesondere Hollywood entwickelte hierfür sozusagen eine Tradition, bei der je nach Bedarf Altertums-Hintergrund, Weltkriegs-Hintergrund, russischer Revolutions-Hintergrund, Naziherrschafts-Hintergrund usw. gestellt wurden, vor denen sich dann jeweils die dazu gehörenden Storys abzuspielen hatten. Diese Art, historische Filme zu produzieren, so überholt sie-uns erscheinen mag, findet immer noch ihre Anhänger und leider audı ihr Publikum. Doch man kann auch anders. So bekommen wir in Darryl F. Zanuks groß aufgezogenem Farbfilm »Woodrow Wilson« einen Präsidenten vorgesetzt, bei dessen Bild ad usum delphini all das weggelassen wurde, was als störend erschien, um aus dem wenn auch wohlmeinenden so doch schwachen und schwankenden Menschen eine Arı Welterlöser zu machen. Hier wird die Historie zum bloßen (leicht durchschaubaren) Vorwand, um mit künstlerischen Mitteln den Versuch zu hemdsärmeliger, zweckund zielbewußter Propaganda zu unternehmen. Ein Vorwurf, der immer wieder — doch wie wir glauben, zu Unrecht — gegen gewisse sowjetische Filme erhoben wird. Es mag strittig sein, ob Filme wie »Suwarow« oder »Admiral Nachimow« zu jenen Filmen zu zählen sind, die uns eine künstlerische Offenbarung bedeuten (und auf die wir noch zu sprechen kommen); allein ihren Wert in der historisch treuen Gestaltung, wenn auch nur mit den Mitteln der Chronik, wird ihnen niemand ernstlich bestreiten. Aber in ‚welchen Filmen glauben nun wir die wahren Schatten derVergangenheit entdecken zu können? Gibt es sie am Ende noch gar nicht? Doch, sie sind (glücklicherweise) vorhanden, wenn auch — wie alles Gute und Erlesene — nicht allzu zahlreich. Wie auch, um den Vergleich mit der Literatur zu Tode zu hegen, Künstler wie Anatole France, Alexej Tolstoi oder Ricarda Huch, die die Vergangenheit dichterisch zu gestalten wissen, seltene Erscheinungen bleiben. Wir meinen Filme wie »L’affaire Dreyfus« (dem der deutsche Dreyfus-Film mit Kortner und Bassermann voranging), bei dem wir, während im Vordergrund sich dieser Prozeß abspielt, gleichzeitig mit einem Blick die gesellschaftliche Fäulnis der am Ruder befindlichen Mächte der 3. Republik erkennen. Unten: Aut. wenigen Metern Filmband kann Gesicht und Charakter eines Menschen einprägsam und überzeugend dargestellt werden. Hier versuchte der Film, einen Herrscher zu zeichnen, dessen Selbstgefühl durch Erziehung und Umgebung zu gefährlichem Caesarenwahn gesteigert wurde