Universal Filmlexikon (1932)

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WILHELM MEYDAM; FILMVERTRIEB IM IN UND AUSLAND Die mit der Verwertung der fertigen Filme verbundene kaufmännische Tätigkeit ist gerade deswegen so außerordcntlifli vielseitig, deshalb aber auch so außerorthMitlich anstrengend und nervenzerreibend, weil die ai-e, die hier gehandelt wird, eine fast unwägbare ist. Man verkauft nämlich das Recht, einen Film aiifzulÜhrcn, und der Wert dieses Rechtes wird nicht wie bei anderen Waren fast ausschließlich durch die Nachfrage der Kundschaft und den Umfang und den Einkaufs])reis der verwendeten Rohstoffe bestimmt, sondern nahezu einzig und allein durch den Anklang, den der gezeigte Film beim Verbraucher, nämlich beim Publikum, findet. W as bedeutet das? Das bedeutet, daß Verkäufer und Käufer über den Wert des Produktes immer erst dann absolut sicher Bescheid wissen, wenn es zu spät ist, um den Preis entsprechend hoch oder niedrig zu bemessen. So muß der Filmkaufmann mehr als jeder andere Psychologe und Prophet sein. Vor seinen Augen muß die kurze Filmidee zum fertigen sprechenden Bilde werden und in seinen Fingerspitzen muß er fühlen, wie dieses Bild in Berlin, in Hamburg, in München, in Kötzschenbroda, Paris, Rom, in Schanghai und in Budapest gefällt und das Publikum fesselt. Filme werden verliehen und werden verkauft. Verliehen werden die Filme deshalb, weil es auf der ganzen Welt, weder in Europa noch in Amerika, keinen Filmfabrikanten gibt, der soviel eigene Theater besitzt, daß er nicht darauf angewiesen wäre, den Film auch in fremden, ihm nicht gehörigen Theatern zu spielen. Er muß seinen Film also an fremde Theater ausleihen, die ihm hierfür eine bestimmte Leihmiete bezahlen. Da es aber auch auf der ganzen Welt keinen Fabrikanten mit eigenem Theaterbesitz gibt, der soviel Filme selbst herstellen kann, daß er den Filmbedarf seiner eigenen Theater damit befriedigt, ist wiederum jeder große Theaterkonzern darauf angewiesen. Filme zu entleihen, selbst wenn er eine eigene Filmfabrikation besitzt. Endlich verfügt natürlich kein Besitzer eines einzelnen Theaters über die Kapitalien, die nötig sind, Filme selbst zu erzeugen. So steht in jedem Gebiet der Erde der Theaterbesitzer, der Filme braucht, dem Fabrikanten gegenüber, der Filme erzeugt. Mittelsmann zu ischon beiden bildet der Verleiher. Er bezieht den Film vom Fabrikanten, er sorgt für die erforderliche Vei-vielfältigung, er stellt das Reklamematerial her, das der Theaterbesitzer braucht, um das Publikum anzulocken. Und er besorgt die Versendung der Filme von einem zum anderen Theater. Der Filmverleiher in jedem Lande ist somit rechteigentlich der Bankier der Filminchislrie des bctreffcn(l<Mi Landes, (Kmui die Durchführung der oben geschilderten Aufgaben erfordert die Investierung von sehr beträchtlichen Summen, die bei mittleren Filmen in die 200 000 bis 300 000 Mark, bei Großfilmen in die Millionen bis anderthalb Millionen Mark gehen. Darüber hinaus berät der Verleiher aber auch Fabrikanten und Theaterbesitzer entscheidend, den ersteren auf Grund der Erfahrungen, die die Theaterbesitzer mit den Filmen machen, für die kommende Produktion, sowohl was die Stoffauswahl als auch die Darstellerwahl betrifft, den letzteren in der Auswahl der Filme, in der Zusammensetzung seines Programms und in der Art und Weise, wie für das Programm Reklame zu machen ist. Zu alledem braucht der Verleiher nicht geringe kaufmännische Kräfte, denen ein vollwertiges technisches Personal zur Seite stehen muß, denn die Filme müssen in den technischen Anlagen des Verleihers immer wieder durchgesehen, ausgebessert und gepflegt werden. Die meisten Verleiher in größeren Auswertungsgebieten, wie z. B. Deutschland, England, Frankreich oder Amerika haben daher nicht nur eine Niederlassung, sondern eine ganze Reihe Zweigstellen, deren jede ein bestimmtes Untergebiet bearbeitet. Kein Publikum der Welt ist zufrieden, wenn man ihm nur ein nationales Filmprogramm vorsetzt. Der Verleiher muß daher in der Lage sein, seiner Kundschaft, dem Theaterbesitzer, auch Erzeugnisse der Filmindustiien anderer Länder anzubieten. Da aber in der Regel der Verleiher nicht selbst Fabrikant ist, kann auch ein Verleiher im Auslande von ihm nicht Ware kaufen, denn er arbeitet ja immer nur in seinem eigenen Gebiet. Und damit kommen wir auf die andere Hauptbetätigung des Kaufmanns in der Filmindustrie, auf den internationalen Warenaustausch. Jedes größere Filmfabrikationshaus hat hierfür seine Auslandsabteilung. So wie im Lande selbst der Verleiher Mittelsmann zwischen der nationalen Filmerzeugung und dem Verbraucher, dem Theaterbesitzer, ist, so ist der Auslandsverkäufer Mittelsmann zwischen der Filmerzeugung des eigenen Landes und Filmverleih des Auslandes, nur daß hier die Fäden zwar nicht so vielfältig gespannt sind wie im Verkehr zwischen Theaterbesitzer und Verleiher, dafür reichen sie weiter und erfor dern Kemitnisse und Fingerspitzengefühl für den internationalen Filmgeschmack. 37