Universal Filmlexikon (1933)

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Aufgabe, dem Tonfilm einen wirkungs und entwicklungsfähigen Nachwuchs nachzuweisen, durch die derzeitige Art der Vermittlung nicht erfüllt wird. Das liegt aber keineswegs an bürokratisch-schematischen Arbeitsmethoden, deren Anwendung man dem Bühnennachweis mit Unrecht vorwirft. Im Gegenteil! Man hat gerade für die Vertretung der Tonfilminteressen besondere Einrichtungen getroffen, die des Einflusses solcher Methoden völlig unverdächtig sind. Wenn trotzdem die Tätigkeit des Bühnennachweises den wirklichen Erfordernissen der Filmindustrie unzureichend gedient hat, so liegt es daran, daß man sich bisher damit begnügte, bereits arrivierte, in Berlin ansässige Filmschauspieler vom Bühnennachweis anzufordern. Erst wenn die Filmproduktion von sich aus die Heranziehung geeigneter Kräfte aus dem Reich fordert, wird der Bühnennachweis in der Lage sein, die Industrie vorbildlich zu bedienen. Andererseits muß von jedem Eingeweihten zugegeben werden, daß durch die bestehenden „Filmbörsen'" dem immer dringlicher werdenden Nachwuchs-Problem nicht beizukommen ist. Die Fälle, in denen ein durch die Filmbörse zustande gekommenes Engagement den Beginn einer Filmkarriere bedeutete, sind ganz vereinzelte Zufälle. Der Tonfilm ist — jedenfalls noch lange Zeit hindurch — auf die Rekrutierung seiner darstellerischen Kräfte aus dem lebendigen Theaterbetrieb angewiesen. Der Tonfilm-Darsteller muß im weitesten Umfang über alle Fähigkeiten des Bühnenkünstlers verfügen und darüber hinaus „Photo und Mikrogenität" nachzuweisen haben. Und wenn auch offenbar daran gedacht wird, durch eine besondere Ausbildung in Tonfilmseniinaren und Studios ein von der Schaubühne unabhängiges Darstellermaterial heranzubilden, so ist es doch mehr als fraglich, ob diese jungen Kräfte nach Abschluß ihrer Ausbildung auf den Rückhalt werden verzichten wollen, den ihnen die Auswertung der gewonnenen Fähigkeiten bei der Sprechbühne immerhin bieten kann. Das Universal-Filndexikon weist nach, daß ungefähr 95 Prozent aller heute beim Tonfilm darstellerisch Tätigen aus dem lebendigen Theaterbetrieb hei"Vorgegangen sind, wobei in Rechnung zu stellen ist, daß die überwiegende Mehrzahl der restlichen Filmdarsteller eine abgeschlossene Bühnenausbildung genossen hatte, bevor imter Verzicht auf eine Bühnentätigkeit der Uebertritt zum Film erfolgte. Das beweist, daß Tonfilm und Theater zusammengehören, daß sie — zumindest in der heutigen Zeit — aufeinander angewiesen sind. Von diesem Gesichtspunkt aus vertritt auch die Bühnengenossenschaft energisch den Standpunkt, daß der Tonfilm als ein natürliches Arbeitsgebiet des Bühnenkünstlers anzusehen ist. Deshalb wehrt sich auch die Genossen X Schaft mit aller Kraft gegen die Versuche des Theaterunternehmerverbandes, die Freiheit der Bühnenmitglieder in Bezug auf ihre Filmtätigkeit einzuschränken, soweit es sich nicht um den notwendigen Schutz des Theaterbetriebes gegen Störungen durch Vertragsverletzungen filmender Bühnenmitglieder handelt. Die Bühnengenossenschaft wünscht jede grundsätzliche Gegensätzlichkeit zwischen Theater und Tonfilm ausgeschaltet zu sehen. Sie ist nicht der weitverbreiteten Ansicht, daß das Erscheinen des Tonfilms eine der Hauptursachen der katastrophalen Theaterkrise sei, verkennt aber nicht, daß der Tonfilm dem Theater bereits Publikumsmassen entzieht und daß der Besucherverlust das Theater in seiner gegenwärtigen Existenzgefahr besonders empfindlich trifft; sie glaubt aber daran, daß die Filmtätigkeit der Bühnenkünstler deren Popularität und Anziehungskraft erhöht und damit zum Theaterbesuch anregt. Noch ist der Tonfilm mitten in der Entwicklung begriffen. Er sieht aber seinen Weg und sein Ziel bereits klar vorgezeichnet. Er befindet sich nicht nur auf dem Wege einer rapid fortschreitenden technischen Vervollkommnung, auch in künstlerischer Hinsicht hat man erkannt, daß bei aller natürlicher Anlehnung an die Sprechbühne der Tonfilm seine eigenen Wege zu gehen hat. Bis weit in die Kreise der Filmindustrie verbreitet gewesene Anschauungen, daß der Tonfilm berufen sei, Bühnenaufführungen photographisch und mikrophonisch aufzunehmen und zu übertragen, sind durch die bisherigen Erkenntnisse gi'undsätzlich widerlegt. Die Entwicklung geht auf eine autonome Literatur des Tonfilms hinaus, ohne daß dadurch die Verwendung der Bühnenkünstler etwa entbehrlich würde. Mit dieser Entwicklung sollte eine planmäßige Lösung des brennenden Nachwuchsproblems Hand in Hand gehen. Schon heute hat der Tonfilm als künstlerischer Faktor eine Bedeutung gewonnen, wie sie dem stummen Film zu erreichen nicht möglich war. Seine Entwicklung vollzieht sich unter erheblichen Erschwerungen durch die notwendige Rücksicht auf verschiedenartige kommerzielle Interessen, und durch die Sch\\'ierigkeiten der Kapitalaufbringung. Infolgedessen ist die Heranbildung eines hoffnungsvollen Nach\\'uchses nicht nur eine rein künstlerische, sondern auch eine nicht zu unterschätzende finanzielle Angelegenheit. Für die Nachfolge der heutigen Stars — auf die Stars wird der Tonfilm auch in der Zukunft nicht verzichten können — müssen junge Begabungen gefunden, ausgewählt und gefördert werden. Hierzu gibt die Schriftleitung des U^niversal-Filmlexikons verdienstvoll die erste Anregung, indem sie die Biographien von berufenen Darstellern der Bühnen